... was kümmert es mich, der ich ja doch den Stockschnupfen habe. (Heinrich Heine: Die kleine Harfinistin)

Stockschnupfen kann stocktaub machen. Aber ist ein verstocktes Kind gleichzeitig stockdumm? Eier stocken, aber auch Gespräch oder Rede können stocken. Spazier- oder Taktstock, Stockwerk und Grundstock – in den unterschiedlichsten Bereichen begegnet uns das Wort Stock. Wie lautet der gemeinsame Nenner?

Der Nenner lautet Stock in seiner ursprünglichen Bedeutung als Knüppel oder Baumstumpf, "Wurzelstock". Er ist noch gebräuchlich in Weinstock, Blumen- und Rosenstock, im übertragenen Sinn auch in Eierstock. In allen drückt sich die Vorstellung des Wurzelstocks aus, der wieder austreibt. Hier ist an den Wurzelstock gedacht, der nach der Beschneidung wieder austreibt. Stockrosen dagegen sind Malven mit rosenähnlichen Blüten, die an langen Stielen, Stöcken gleich, wachsen. Zwar empfiehlt sich ein stützender Stock, jedoch ist dies nicht bedeutsam für ihren Namen. Bienen werden im Bienenstock gehalten. Das war früher ein Bienenkorb, heute wird er durch einen Holzkasten ersetzt. Dieser enthält keine Stockwerke, sondern die Waben hängen senkrecht darin. Wilde Bienen leben in Baumhöhlen. Deshalb hielten Waldimker Bienen in ausgehöhlten Baumklötzen, den Bienenstöcken. Übertragen begegnet uns das Wort Stock in Grundstock – Grundbestand, Basis. Hier ist es das Fundament, um Güter aller Art aufzustocken.

Das Verb aufstocken stellt die Verbindung zu Stockwerk her. Dem englischen Wort stock, Lager, liegt die Vorstellung eines Balkenwerks zugrunde, das auch die Grundbedeutung für das Geschoss eines Hauses ist, das nach Stöcken, also Balken gezählt wird.

Das Verb stocken bedeutet fest – eigentlich knüppelhart – werden, schließlich gerinnen. Gestocktes Ei ist also im Zustand der Gerinnung. Im übertragenen Sinn findet man dies wieder, wenn von einem verstockter Menschen gesprochen wird. Er verhärtet sich, ist unempfindlich. Ein Gespräch gerät ins Stocken, man stockt beim Sprechen, wenn man nicht weiterkommt.

Auch der Stockschnupfen ist eine Art Verhärtung, Verfestigung. Ob die Stocktaubheit figürlich damit zusammenhängt oder ob stocktaub nur eine umgangssprachliche Verstärkung wie stockdumm, stocksteif ist, lässt sich nicht genau nachzeichnen.

Ausgehend von Stock, einem harten Stück Holz, haben sich viele Wörter entwickelt, die entweder mit dem Material selbst, dem Holz, zusammenhängen oder Besonderheiten des Holzes, das Wurzelnde und die Härte, zugrundelegen, um Eigenschaften von Dingen oder Menschen bildhaft zu verdeutlichen.

Gunhild Simon
22. März 2007

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