Adjektiv oder Adverb - Wortart oder Satzglied?
Das Adjektiv als Attribut, Prädikativ oder Adverb.
Im Deutschen wirkt die Unterscheidung zwischen Adjektiv und Adverb zunächst belanglos. Sie ist jedoch umso schwieriger, weil sich zwei Ebenen schwer trennen lassen. Es sind die der Formenlehre, der Wortartbestimmung einerseits, und die des Satzbaus, der Syntax andererseits.
Das Adjektiv ist eine Wortart. Es heißt auf Deutsch Wiewort und antwortet auf die Frage “Wie ist etwas?”. Das Adverb heißt auf Deutsch Umstandswort. Daraus ergibt sich, dass es auch durch eine Wortgruppe darstellbar ist. Z. B.: oft oder oftmals sind Adverbien, des öfteren, zum wiederholte Male sind Adverbialia, Umstandsbestimmungen.
Adverb und Adverbiale haben zwar den gleichen Inhalt, unterscheiden sich aber formal voneinander in den Merkmalen: Wort hier - Wortgruppe dort. Eine Umstandsbestimmung bezieht sich auf einen der folgenden Aspekte: Zeit, Ort, oder Art, daher heißen sie Temporal-, Lokal- und Modaladverbien, bzw. -adverbialia.
Gemeinsames Merkmal der verschiedenartigsten Adverbien ist die Unveränderlichkeit. Daher zählt man sie als Wortart zu der Gruppe der Nichtflektierbaren.
Aus einem unflektierbaren Adverb lässt sich ein flektierbares Adjektiv bilden, z. B.: oben -> obig, oftmals -> oftmalig, dort -> dortig
Ein Adjektiv kann grundsätzlich auch als Adverb verwendet werden und behält dabei seine formale Grundstruktur bei. z. B. häufig. Diese Wort ist als Adverb ein Synonym von oft, als Adjektiv beziehbar auf ein Substantiv.
Nicht gekennzeichnet wie im Englischen mit -ly, nicht wie im Französischen mit - ment, ist ein Adverb im Deutschen schwerer herauszufiltern.
Hier ein Beispiel, wie das Adjektiv tief sich als Adverb in Deutsch, Englisch und Französisch zeigt:
Adjektiv: tief, deep, profond
Adverb: tief beeindruckt, deeply impressed, profondément impressioné
Adjektive werden wie Substantive gebeugt, das nennt man flektieren, in dieser Besonderheit der Abhängigkeit von einem Substantiv deklinieren. Es bedeutet, dass sich die Endung eines Wortes dem dazugehörigen Beziehungswort, in seiner Wortendung anpasst. Diese Beziehung betrifft drei Faktoren: das Geschlecht, die Anzahl und den Fall, also die Übereinstimmung in Genus, Numerus und Kasus. Man nennt dies Kongruenz.
Hier ein Beispiel, wie das Adjektiv schnell sich seinem Beziehungswort - Pferd -> das schnelle Pferd - angleicht.
Nominativ: Das schnelle Pferd ist am Ziel.
Genitiv:Er gedachte des schnellen Pferdes
Dativ: Er gab dem schnellen Pferd(e) die Sporen.
Akkusativ: Er reitet das schnelle Pferd.
Die hier dargestellte Zugehörigkeit heißt auf der Ebene des Satzbaus Attribut. Ein Attribut ist eine nähere Bestimmung. Ein Adjektiv ist also in seiner Grundform - schnell - eine Wortart, in seiner flektierten Form - das schnelle Pferd - ein Attribut. Unflektiert hat es zwei Erscheinungsformen: Als Prädikativ ist es die zum Hilfsverb sein oder werden gehörende notwendige Ergänzung. Als Adverb beschreibt es das Verb genauer. Ein Adjektiv kann also unflektiert als Adverb oder als Prädikativ auftreten.
Ein Beispiel soll dies erläutern:
Adjektiv in der Grundform: schnell
Adjektiv als Adverb: Das Pferd läuft schnell
Adjektiv als Prädikativ: Das Pferd ist schnell.
Das Unterscheidungskriterium des Adverbs schnell und des Prädkativs schnell ist die Frage, ob es Attribut des Verbs oder unverzichtbarer Satzbestandteil ist.
Ein Hilfsverb benötigt eine Ergänzung, um einen Sinn zu ergeben. Eine solche ist das Prädikativ. Beide Teile zusammen bilden das Prädikat.
Das Adverb ist Verbattribut. Ein Attribut ist im Satzbauplan kein notwendiges Element. Der Satz bleibt also auch bei Auslassung des Attributs grammatisch korrekt.
Die Auslassungsprobe verdeutlicht dies:
Adverbiale Verwendung des Adjektivs: Das Pferd läuft schnell.
Auslassungsprobe: Das Pferd läuft.
Prädikative Verwendung des Adjektivs: Das Pferd ist schnell.
Auslassungsprobe: *Das Pferd ist.
Ein Adjektiv kann im Deutschen als Attribut eines Substantivs, als Prädikativ oder als Adverb auftreten. Als Attribut des Substantivs ist es flektiert, als Prädikativ ist es unflektiert. Als Attribut des Verbs wird es zum Adverb, einem Umstandswort. Und so ist es gleichzeitig eine Umstandsbestimmung, ein Adverbiale. Es hat insofern die Funktion eines Satzgliedes.
Gunhild Simon
21.05.2008
alle deutsche Sprache Gunhild Simon Startseite(__index)