Thumulla.com

Bau und Bauten

Das Substantiv Bau, abgeleitet von dem Verb bauen, hat eine breite Skala figürlicher und übertragener Bedeutungen. Daraus ergeben sich ungewöhnliche Pluralbildungen.

Das Bauen von Schutzbehausungen ist ein vitales Bedürfnis in der Tierwelt. Brutpflegende, insbesondere einzeln lebende Tiere von der Wespe über den Stichling, die Amsel bis zur Katze sind auf Höhlen-, Nest- und Hausbau angewiesen. Ein von Menschen errichteter Bau ist ein Bauwerk.

Wenn es um Bauwesen und Architektur geht, spricht man im Plural von Bauten: Kirchenbauten, Stadtbauten, Hochhausbauten, Brückenbauten. Entsprechend werden die Plurale Um-, An- und Aufbauten gebildet, wenn man nicht auf andere Bezeichnungen wie Umbauarbeiten ausweicht.

Eine weitere Bedeutung hat Bau im biologischen Sinne von Bauplan, Körperbau.

In Zusammensetzungen erscheint das Wort in Abstraktionen wie Aus-, Auf- und Anbau sowie in arbeitsspezifischen Begriffen wie Feld-, Acker-, Land-, Garten-, Straßen-, U-Bahn-, Gleisbau u. ä. Daneben steht der Bergbau, der auch die spezifische Bedeutung eines Bergwerks annehmen kann.

In anderer Bedeutung steht Bau für die Arbeit des Bauens im Bauwesen. Dabei geht es um Bauarbeit, den Bau in Form des in der Entstehung begriffenen Werks, der Baustelle.

Einen anderen figürlichen Aspekt nimmt Bau in Zusammensetzungen an, die Tierwohnungen bezeichnen: der Fuchs-, Dachs-, Maulwurfs- oder Kaninchenbau.

Sie bilden ungleiche Plurale. Diejenigen, die nur mit dem bestimmten Artikel oder artikellos geläufig sind – z. B. der Körperbau oder Ackerbau – kommen nur als Singular vor.

Konkrete Bauwerke bilden den Plural Bauten, deren urprünglicher Singular, die Baute, verblasst oder nur noch fachsprachlich erhalten ist. Hier findet also vom maskulinen Singular, der Bau, zum femininen Singular, die Baute, ein Genuswechsel statt, ein Bezug, der mitunter schwierig zu berücksichtigen ist, z. B. “Ein besonderes Beispiel gotischer Baukunst ist der Kirchenbau der Kathedrale von Chartres. Sie ist eine der erhabensten Kirchenbauten Frankreichs.”

Dagegen lauten die Plurale unterirdischer Höhlen und Gänge von Tierwohnungen nicht Bauten, sondern Baue, also die Fuchs-, Dachs- oder Kaninchenbaue. Oberirdische Waldameisen- und Termitenhügel sind demnach als Bauten zu bezeichnen. Bauwerke von staatenbildenden Insekten wie von Hummeln oder Wespen heißen Nester. Domestizierte Bienen leben in einem Stock, also einem vom Imker vorsorglich hergerichteten Korb oder Kasten.

Gunhild Simon
Aug 31 2010

alle    deutsche Sprache    Gunhild Simon    Startseite(__index)



Thumulla.com    Startseite der Artikel    Links und Werbung    Diskussion    Suche auf dieser Seite