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Das besitzanzeigende Fürwort - Possessivpronomen

Das besitzanzeigende Fürwort heißt fachsprachlich Possessivpronomen. Hier scheint mir das Hauptproblem in der Bezeichnung Pronomen, Fürwort zu liegen.

“pro nomen” bedeutet “für ein Nomen”, also Ersatz eines Namens, Nomens, Substantivs. Das trifft auf das Personalpronomen, Fragepronomen oder das Demonstrativpronomen eindeutig zu. Das besitzanzeigende Fürwort, Possessivpronomen, dagegen wird formal wie der unbestimmte Artikel, “ein, eine, ein” behandelt. Es wird also im Deutschen dekliniert in Abhängigkeit von seinem Beziehungswort. Dagegen drückt sich die Zugehörigkeit, also die besitzanzeigende Aussage, durch eine jeweils eigene Vokabel - sein (maskulinum), ihr (femininum), sein (neutrum) - aus*: ein Hut (m), sein Hut, eine Mütze (f), seine Mütze, ein Käppi (n), sein Käppi: ein Hut - sein (m) Hut, ihr (f) Hut, sein (n) Hut.

eines Hutes, seines Hutes, ihres Hutes, seines Hutes, einem Hute, seinem Hute, ihrem Hute, seinem Huteeinen Hut, seinen Hut, ihren, Hut

Plural:
Hüte, von Hüten, Hüten, Hüte - ihre Hüte, ihrer, Hüte, ihren Hüten, ihre Hüte

Ein anderer Fall ist der der Personalpronomen. ich, du, er, sie, es, wir, ihr, sie.

Sie werden nach einem anderen Schema dekliniert, denn sie haben formal den Status eines Substantivs:
ich, meiner, mir, mich
du, deiner, dir, dich
er, seiner, ihm, ihn
sie, ihrer, ihr, sie
es, seiner, ihm, es
wir, unserer, uns, uns
ihr, eurer, euch, euch
sie, ihrer, ihnen, sie
Sie, Ihrer, Ihnen, Sie

Hier erkennt man, dass die Wortstämme der Genitive alle mit den Possessivpronomen formal übereinstimmen, genaugenommen substantivierte Possessiva sind. Dem Genitiv ist von seiner inhaltlichen Aussage etwas Possessivisches zu eigen: der Hut des Vaters = sein Hut. So erklärt sich, dass die ein wenig exotisch oder gestelzt wirkenden Verben, die den Genitiv verlangen, regieren, der Form nach ein substantiviertes Possessivpronomen als Genitivobjekt regieren: Ich erinnere mich der dramatischen Ereignisse. Ich erinnere mich ihrer. (Oder mit Präposition: Ich erinnere mich an die Ereignisse. Ich erinnere mich an sie.) Es bedarf der genauen Prüfung. Es bedarf ihrer.

*Exkurs: Dies ist in den romanischen Sprachen anders. Da lässt sich nicht am Pronomen das grammatische Geschlecht (Genus) des Besitzers erkennen. Dahingegen richtet sich das Possessivpronomen nur nach dem Beziehungswort. Im Englischen hingegen zeigt das Possessivpronomen wie im Deutschen das Geschlecht an. Da im Englischen jedoch neben Personen, deren grammatisches Geschlecht (genus) mit dem natürlichen Geschlecht (sexus) übereinstimmt, alle anderen Wörter neutra sind, zudem die Deklinationsendungen entfallen, gibt es da dieses Problem nicht. Im Deutschen treten Zweifelsfälle auf, sobald das grammatische Geschlecht sich nicht mit dem natürlichen deckt. Dann kommt die Frage auf: Heißt es “ihr” oder “sein Rock, Kopftuch, Mieder, Strumpfband”, wenn zuvor von dem Mädchen, dem Weib, dem Ehegespons, dem Flittchen, dem Luder, dem Fräulein die Rede war.

Gunhild Simon
4.04.2008

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