Der Apfel – ein Sinnbild in Mythologie und Literatur
Der Herbst strahlt uns an und mit ihm die klassische Herbstfrucht: der Apfel. Er ist die Frucht der Früchte und lockt mit den vielfältigsten Sorten. Weder frostempfindlich wie Zitrusfrüchte, noch exotisch wie Ananas oder Granatapfel, ist sein Anblick für uns vertraut und heimelig.
Schon im alten Testament ist sein Genuss das Sinnbild der Erkenntnis, das der verlorenen Unschuld des Menschen, das der Verführung des Mannes Adam durch die Frau Eva. Er ist die unwiderstehliche Paradiesfrucht mit dem Fluch der Vertreibung aus dem Paradies.
Der Apfel in der Literatur
In der griechischen Mythologie ist der Apfel Prämie und Auszeichnung, das Symbol für den Preis der Schönheit der Liebesgöttin Aphrodite, wenn der Jüngling Paris seine Wahl unter den drei vornehmsten Göttinnen teffen muss, im Konflikt wohl ahnend, dass er sich gleichzeitig den Groll der Unterlegenen zuziehen werde.
In Schillers Freiheits-Saga »Wilhelm Tell« ist es der Apfel, der die entscheidende Wende im Handeln des Helden herbeiführt. Erst die schier übermenschliche Prüfung durchzustehen, den Apfel auf dem Haupt des eigenen Sohnes zu treffen, macht Wilhelm Tell zum Vorkämpfer für die schweizerische Unabhängigkeit.
Im Märchen »Schneewittchen« ist es der verführerische, aber unversehens todbringende Apfel, den die heimtückische Stiefmutter dem unschuldigen Mädchen kredenzt.
Allen Beispielen gemeinsam ist das Plakative – die Signalwirkung, die leuchtende Anziehungskraft. Er ist die Frucht der Unschuld, gleichzeitig der Verführung und des Verderbens.
Die Geschichte des Apfels in Germanien
Der Apfel war den Germanen bestenfalls als Holzapfel bekannt. Und dieser heimische Vorfahr ist nicht gerade wohlschmeckend.
Die Römer brachten ihn mit. Seine Güte und seine Qualität hatte etwas mit ihrer Veredelungstechnk zu tun, die noch heute im Obstbau unabdingbar ist. Dazu werden der »Unterlage«, einem widerstandsfähigen Bäumchen, die Zweige aufgepfropft, die die wohlschmeckenden Früchte dereinst hervorbringen sollen. Dieses Verfahren macht sich sowohl klimatische Gegebenheiten wie züchterische Erfolge zunutze.
Etymologische Quellen
Durch alle Sprachen des nordeuropäischen Raums zieht sich der Klang des mittelhochdeutschen Wortes apfel – eine gemeinsame Wurzel scheint im germanischen, keltischen, baltischen und slawischen Sprachraum dem Wort Apfel zugrunde zu liegen. Dennoch liegt die genaue Herkunft des Namens im Dunkeln.
Vielleicht klingt im Namen der antiken Stadt Abella in Campanien, die für ihren Apfelanbau berühmt war, eine Verwandtschaft zum Apfel an.
Apfel, malum, pomme – gibt es da einen Zusammenhang?
Der lateinische Name für Apfel lautet dagegen malum, der für Apfelbaum malus. Das spiegelt sich in dem italienischen mela wider. Nun könnte man argwöhnen, malus und malum hätten eine fatale Ähnlichkeit mit malus, schlecht. Dieses Wort ist noch erhalten in den deutschen Fremdwörtern maliziös (bösartig) und vermaledeien (verwünschen). Bei genauerer Betrachtung erweist sich, dass malum, Apfel, sich mit einem langen [a] spricht, während malus, schlecht, sich kurz ausspricht. Dieser Unterschied trennt auch ihre jeweiligen Abkömmlinge, was uns zu der wahren Verwandtschaft führt: mala bedeutet nämlich auch Wange, was auf blühend und rotwangig hinweist. Ein weiteres verwandtes Wort lautet malifer, fruchttragend, genauer äpfeltragend.
Der französische Begriff für Apfel ist pomme. Das klingt zunächst erstaunlich fremd im Vergleich, doch er geht auf pomum und pomus zurück, diese Wörter bedeuten Obst und Obstbaum. Das heißt also nichts anderes als Baumfrucht. Pomologie ist der Fachausdruck für Obstbau. Der Name zeichnet sich deutlich in Pomodoro mit der klangvollen Übersetzung »Goldfrucht« ab. Er spiegelt sich wider in dem deutschen Namen, der sich auf die leuchtende Farbe des »Paradiesapfels« bezieht: Es ist die Tomate, ein Wort, das aus ihrer südamerikanischen Heimat, aus dem Aztekischen, stammt.
Der Apfel steht Pate
Es gibt vielerlei Früchtenamen, die den Namen des Apfels tragen und sich an ihr wohlbekanntes rundes, rotwangiges Vorbild anlehnen: der Granatapfel, eine Frucht, mit leuchtend-granatrotem, beerenartigen Fruchtfleisch, dem man aphrodisierende Wirkung zuschreibt, die Apfelsine, auch Orange genannt, italienisch arancia, ferner der Erdapfel, eine gemütvolle Bezeichnung für Kartoffel.
Das ist im Deutschen so, und auch in anderen Sprachen steht der Apfel Pate für allerlei Früchte: pomodoro (italienisch Tomate), pomme de terre (französisch »Erdapfel«, Kartoffel), sinaasappel (niederländisch »Chinaapfel«, Apfelsine), pineapple (englisch »Pinienapfel« – die Frucht zeigt eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Pinienzapfen, Ananas).
Hierzulande ist der Apfel schon seit langem weit über die Zeit seiner Ernte hinaus erhältlich. Einerseits liegt dies an seiner Lagerungsfähigkeit. Andereseits gibt es jederzeit die »Neue Ernte« aus allen Winkeln der Welt: angefangen von Italien und Spanien, über Chile, Argentinien, Südafrika und Neuseeland bis China.
Der Apfel, Träger deutscher Herbststimmung, nicht wegzudenken vom bunten Weihnachtsteller, ist ein Produkt globalisierter Produktion geworden. Größe, Form und Farbe sind perfekt abgestimmt. Nur unter einem winzigen Aufkleber bleibt ein heller Fleck.
Gunhild Simon
9. September 2007
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