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Der Imperativ – Modus mit unregelmäßigen Stammformen

Drei Modi des Verbs gibt es im Deutschen: Dem Paar Indikativ und Konjunktiv zur Kennzeichnung der Sprecherperspektive und zur Differenzierung zwischen Realität und Irrealität [1] steht der Imperativ gegenüber. Der deutsche Begriff dafür ist Befehlsform.

Dabei täuscht dieser Terminus, denn es geht meistens um eine Aufforderung oder Bitte. Außerdem unterscheidet sich der Imperativ von beiden anderen Modi durch seine Qualität als Satzmodus, weil er das Subjekt, das zweite notwendige Element neben dem Prädikat, enthält.

Den Imperativ zu bilden ergibt sich aus dem Wortstamm des Präsens, an den im Singular -e angefügt wird, im Plural -t oder mit einem Fugenlaut -et, wie etwa bei “tretet näher!” oder “Rechnet im Kopf!”. Bei der überwiegenden Mehrzahl ist dies eine altertümliche oder biblische Form, wie etwa “Seid fruchtbar und mehret euch!”, “Lasset die Kindlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht.” “Bleibet hier, und wachet mir! Wachet und betet!”

Es ergibt sich also:

schreiben, schreib/schreibe!, schreibt!
einsteigen, steig/steige ein!, steigt ein!
schafen, schlaf/schlafe! schlaft!

Bei den folgenden hat sich das Singular-e nahezu ganz abgeschliffen und ist nicht mehr üblich:
gehen, geh!, geht! “Geh weg!”
stehen, steh! steht! “Steh still!”
setzen, setz! setzt! “Setz dich hin!”
kommen, komm!, kommt! “Komm her!”
bleiben, bleib!, bleibt! “Bleib hier!”
gucken, guck! guckt! “Guck mal!”
schauen, schau! schaut! “Schau her!”

Bei vielen Impererativen ist der Gebrauch abhängig von der Sprech- oder Schreibsituation und dem Sprachrhythmus schwankend. Ein Apostroph wird jedoch nicht gesetzt.

Hier einige Beispiele, die diese Wahlmöglichkeit verdeutlichen:
- bete!, bitte!, arbeite!, meide!, weide!, leide!, bade!, schade!
- reibe!/reib!, lebe!/leb,halte!/ halt!, schiebe!/schieb!, liebe!/lieb!,merke!/merk!, bringe!bring! fall!/falle!, halte!/halt!, blicke!/blick! kratze!/ kratz!putze!/ putz!

Verben, die in den Stammformen des Singulars im Präsens eine Lautverschiebung von e zu i erfahren haben, bilden entsprechend unregelmäßige Imperativformen. Hier ist eine Liste dieser Verben:

sehen, sieh! (siehe!), seht!(sehet!)
Die altertümliche, abgelautete Formen “siehe!sehet!” sind in biblischen Texten gebräuchlich.

treten, tritt!, tretet!
lesen, lies! lest!
vergessen, vergiss!, vergesst!
stechen, stich! stecht!
treffen, triff!, trefft!
verderben, verdirb!, verderbt!
werben, wirb!, werbt!
werfen, wirf!, werft!
sprechen, sprich!, sprecht!
schwelen, schwill!, schwellt!
schmelzen, schmilz!, schmelzt!
schelten, schilt!, scheltet!
messen, miss!, messt!
melken, milk!, melkt!
helfen, hilf!, helft!
gelten, gilt!, geltet!
geben, gib!, gebt!
empfehlen, empfiehl!, empfehlt!
befehlen, befiehl!, befehlt!
erlöschen, erlisch!, erlöscht!
dreschen, drisch!, drescht!
bersten, birst!, berstet!

In diesen Fällen sind nur die angegebenen Formen des Singulars korrekt.

Ausnahmen sind diese folgenden:

wissen, wisse!, wisset! [3]
werden, werde!, werdet!
sein, sei!, seid!

Modale Hilfsverben wie müssen, können, dürfen, sollen, wollen haben in dieser Funktion keinen Imperativ, weil sie darin etwas über den Modus des dazugehörigen Verbs aussagen, daher einen Hilfscharakter haben, der sich in dem Terminus modales Hilfsverb ausdrückt. [4]

[1] blog.institut1: Was bedeutet Konjunktiv?

[2] blog.institut1: Imperativ – ein unscheinbarer Modus

[3] blog.institut1: Wissen oder weisen – weißt du noch oder weist du schon?

[4] blog.institut1: Modalverben haben keinen Imperativ

Gunhild Simon
Jul 17 2010

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