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Dieses und jenes – dies oder dieses?

In der politischen Rede sind dies oder dieses mit geradezu inflationärer Häufigkeit zu vernehmen. Dabei stellen sich drei Fragen.

Wie verhalten sich das und dies zueinander?

Wie verhalten sich ihrerseits dies und dieses zueinander?

Wie verhalten sich dieses und jenes zueinander?

Es geht hier um das Demonstrativpronomen. Darunter versteht man ein hinweisendes Fürwort. Diese beiden Bedeutungen erkennt man in dem lateinischen Terminus.

Demonstrativ kommt von demonstrare, zeigen, hinweisen und Pronomen enthält die Präposition pro, für, und nomen, pl. nomina, n., Namen(wort), Substantiv. Neben dieser, diese, dieses und den nachdrücklich betonten Varianten von der, die, das gibt es noch ein paar weitere: jener, derjenige, derselbe, solcher, selbst/selber, derlei, dergleichen. Demonstrativpronomina stehen stellvertretend für Substantive oder sind Artikelwörter. In Gebrauch und Flexion sind sie ungleichartig und vielgestaltig. [1]

Sowohl das als auch dies weisen als alleinstehende Stellvertreter eines Substantivs auf etwas bereits Genanntes zurück. Stehen sie hingegen als nachdrücklicher Hinweis bei einem Substantiv, sind sie Artikelwort. Diese rückweisende Funktion nennt man in der Grammatik anaphorisch.

Im Nominativ und Akkusativ stehen dieses und dies zur Auswahl: dieses Ereignis oder dies Ereignis. Gebraucht als Artikelwort hat dieses die volle Genus-Endung wie sie bei jenes erkennbar ist. Während dieses als Artikelwort gebraucht wird, wird dies eher pronominal, als Stellvertreter, verwendet. Steht das Pronomen nicht für ein Wort, sondern für eine Aussage, ist dies stilistisch sicher die bessere Wahl als dieses. Zum Beispiel: Er ist krank – Dies macht ihm zu schaffen. [2]

Das kontrastive Wortpaar dieses und jenes gibt Auskunft über einen Bezug, wenn von zwei Dingen die Rede ist, auf die zurückgekommen wird. Auf das aus der Sicht des Sprechers zeitlich oder räumlich näherliegende der beiden Substantive bezieht sich dieses, hingegen jenes auf das weiter entfernte. Diese Aussage bezieht sich auch auf die relative Entfernung, die in einem Text entsteht, indem etwas zuerst oder zuletzt genannt wurde. Dann bezieht sich jene auf die zuerst genannte, während diese die zuletzt genannte vertritt.

“Sie wundern sich über die Veränderung meines Aufenthalts und beklagen sich über mein Stillschweigen. Der Grund von diesem liegt in jener, der Grund von jener aber in hundert kleinen Zufällen.” (J.W. Goethe)

Da solche Verweise kompliziert zu entschlüsseln sind, greift man zunehmend auf ersteres und letzteres zurück, um Eindeutigkeit zu erzielen. Inhaltlich kann auch der Zusatz von hier und dort das Gleiche leisten, also z. B.: Das hier gefällt mir besser als das dort.

[1] canoo.net: Demonstrativpronomen und -artikel

[2] Während bei einer Aussage, auf die man hinweist, dies als Pronomen zum Einsatz kommt, ist es bei solches, solch ganz umgekehrt. Solch kann nur als Artikelwort gebraucht werden, während solches auch stellvertretend für eine Aussage, pronominal, stehen kann, z. B.: Dein Kleid gefällt mir – Ich hätte auch gern solch ein Kleid.
Oder: Solches hätte ich auch gern.

Gunhild Simon
Aug 28 2010

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