Ein fast freiwilliger Besuch bei der Polizei in Hamburg-Lokstedt

Ein Fundstück belastete meine Seele seit Wochenbeginn. Es war ein Fund, dessen Verlust für den Verlierer mir schmerzlich erschien. Also hatte ich mich fast naiv auf dessen erleichterte Reaktion gefreut.

Ich hatte nämlich eine Geldbörse gefunden, über die die anderen Fußgänger offenbar achtlos hinweggesehen hatten. Neben einer Summe, die zwei Einkäufe im Supermarkt erlaubt hätte, einer EC-Karte und einer Versicherungskarte mit afrikanischem Namen fanden sich darin auch ein paar Telefonnummern.

Eine war mit “Martin*” gekennzeichnet. Das ermunterte mich, dort vorzusprechen. Nach einer kleinen Weile der Irritation versprach er mir, noch am selben Tag die Sache zu regeln. Doch nichts geschah bis zum heutigen Tage.

Schon sah ich mich wegen Unterschlagung einer Fundsache am Pranger und also bemüßigt, die nächste Polizeidienststelle aufzusuchen, um mich meiner Verantwortung endgültig zu entledigen. Bei 30° im Schatten trat ich die Pedalen, hügelan zur Troplowitzstraße.

Seit der unselige Richter, der sich in die Karibik beurlaubt hat, in Hamburg innenministeriell gewirkt hat, hat sich das Outfit der hanseatischen Gesetzeshüter sehr zum Besten gewandelt. Wo früher schlecht sitzende Complets aus ockerfarbenen Hosen kombiniert mit jagdgrünen Uniformjacken sie aus der Masse hervorhoben, finden sich nun marineblaue, sehr respektabel anmutende Uniformen, deren amerikanischen Cops abgeschaute Schirmmützen das schneidige Ensemble vervollständigen.

Als ich mein Anliegen einem Beamten vortrug, war der Empfang herzlich. Offenbar ist mit der Entgegennahme einer Fundsache nur ein geringer Verwaltungsaufwand verbunden. Keine Schreibmaschine kam zum Einsatz, weder mein Personalausweis, den ich umsichtigerweise mitführte, noch meine Unterschrift waren gefragt. Auch mein Verzicht auf Finderlohn schien das Verfahren zu vereinfachen. Er versicherte mir - und er erläuterte mir, dass er noch andere Mittel zur Verfügung habe als die Daten, die ich vorgefunden hatte - dass er den Eigentümer ausfindig machen und benachrichtigen werde. Solcherart erleichtert rollte ich fahrtwindumweht hinunter nach Eppendorf.

*Namen redaktionell geändert

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Gunhild Simon
2.06.2008

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