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Fluch und Segen - ein Begriffspaar für den Wunsch nach Verderben oder Gedeihen.

Das Böse, das gewünscht wird, ist die Verwünschung. Das Gute sind die guten Wünsche, die erfleht werden. Beides entspringt einer höheren Macht, die angerufen wird.

Fluch und Segen – ein Begriffspaar für das Herabwünschen von Verderben oder Gedeihen. Beides entspringt einer höheren Macht, die emphatisch angerufen wird.

Man kann sich diese Sprüche vorstellen wie die, die die Feen, Magierinnen, die es nicht dulden übergangen zu werden, zur Geburt des Königstöchterleins im Märchen “Dornröschen” aussprechen.

Das Böse ist eine Verwünschung, die ein schicksalhaftes Unglück zeitigt. Sie überschattet das Leben des Verfluchten wie eine unglückselige Wolke. Das Gute ist Gnade, Gunst und Glück, die den Lauf des Schicksals bestimmen.

Auf Lateinisch ist der Fluch, der böse Spruch, maledictum; der Segen, der gute Spruch, benedictum. Der Name Benedikt trägt diese Bedeutung: der Gesegnete, der Begnadete.

Fluchen bezeichnet ursprünglich eine Ausdrucksbewegung, nämlich sich mit der Hand auf die Brust zu schlagen, wie es sündenreuige polnische katholische Christen noch heute symbolisch klagend tun, um ihre Schuld vor Gott zu bekennen.

So leitet sich fluchen, mittelhochdeutsch vluochen, althochdeutsch fluochan, von Verben ab, die eben dies zum Inhalt haben: altenglisch flocan, schlagen, gotisch flôkan, beklagen. Schließlich – außergermanisch – lateinisch plangere, beklagen. Sie weisen auf den sich trauernd Kasteienden. Folgt man gar der Ursprungsbedeutung von plangere, schlagen, stoßen, ergibt sich das Bild des Verstoßenen, Verfluchten.

In neuerer Sprache wird Fluchen als grobes Schimpfen verstanden. Ein Fluch ist ein Kraftausdruck oder Fäkalsprache.

Dagegen zeigt sich die alte Bedeutung des sündhaften Lästerns und des Magischen des Fluchs noch in dem mit Dativ verbundenen Verb jemandem fluchen und dem präfigierten verfluchen.

Den Gegenbegriff zum Fluch bildet der Segen. Er ist – anders als in der unmittelbaren Selbstbezichtigung, die auch in dem Verb fluchen mitschwingt – eine Gabe, eine Gnade, ein guter Wunsch, der anderen gilt. Segen erfleht man, Segen wird gegeben, ausgeteilt. Schon der Reim auf Regen läßt ihn in christlicher Dichtung immer wieder als Bild eines fruchtbringenden himmlischen Niederschlags erscheinen.

Segnen und Gesegnet werden ist also, Gnade und Gedeihen von Gott zu erbitten. Segnen kann man sich nicht selbst:Ich lasse Dich nicht, du segnest mich denn. So lautet der Satz und Wahlspruch, den Jakob nach dem Kampf mit dem Engel des Herrn ausruft [1].

Deutlicher als fluchen hat segnen lateinische Wurzeln. Es steckt darin signare, also mit dem Signum, dem christlichen Zeichen des Kreuzes, versehen. Entlehnt aus dem Kirchenlatein, fand es Eingang in die germanischen Sprachen:zegenen (niederländisch), segnian (altenglisch).

Aus segnen ist das Substantiv Segen rückgebildet, das seinerseits auf signum, Zeichen des Kreuzes, ahd. segan, verweist. Fluch und Segen, im christlichen Mythos verwurzelt, haben auch sprachliche Bezüge zur Christianisierung, wie sich an der lateinischen Etymologie erweist.

[1] 1. Mose, 32:27

Gunhild Simon
15. Mai 2015

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