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Frevel, Fehde, Feme

Frevel, Fehde, Feme. Drei eigentümliche Wörter, drei Gemeinsamkeiten: Sie haben denselben Anfangsbuchstaben, was auch in Feindschaft und Feindseligkeit zum Ausdruck kommt, sie haben einen altertümlichen Beiklang und sie bedeuten Dunkles und Unheilvolles.

Sie bedeuteten für die Betroffenen Unheil verschiedener Art.

Der Frevel bedeutet im weltlichen Bereich Gewalttat, Böswilligkeit, Mutwilligkeit, im kirchlichen und religiösen Schandtat, Schändung und Sünde. Es ist eine Substantivierung des identischen veralteten Adjektivs frevel, mittelhochdeutsch vrevel, althochdeutsch fravali mit einer Bedeutungspalette von kühn, verwegen, über vermessen, bis zu schlau und frech. Als Adjektive haben sich frevelhaft und das schon altertümliche freventlich aus mittelhochdeutsch vrevenlich – mit dem zusätzlichen Gleitlaut t – herausgebildet. Das entsprechende Verb lautet freveln, gewalttätig sein, dazu das weitere Substantiv Frevler, Gewalttäter.

Während im Mittelalter Frevel eine weitverzweigte Skala an Vergehen, Schand- und Gewalttaten an Menschen, Natur und Heiligtümern bedeutet, drückt man dies heute mit Verben wie missbrauchen und sich vergehen aus. Im modernen Deutsch findet sich das ursprüngliche Wort Frevel nur noch in Zusammensetzungen wie Waldfrevel, Flurschaden.

Frevel ist eines der wenigen heimischen Wörter mit einem v im Wortinnern. Da es kein Fremdwort ist, wird es es wie f gesprochen, also wie in Teufel oder Seife. Kein Wunder, dass es der Reform zum Opfer fallen sollte und sein althochdeutsch tradiertes f anstelle seines extravaganten mittelhochdeutschen v zurückerhalten sollte.

Der Begriff der Fehde bezeichnet aus rechtshistorischer Sicht ein Rechtsinstitut. Das ist eine Regelung, die Rechtsverhältnisse und Lebensumstände zwischen zwei Parteien bestimmt. In diesem Sinne regelte die Fehde vom Mittelalter bis zur Frühen Neuzeit die Regulierung von Rechtsbrüchen direkt. Es gab keine übergeordnete Instanz. Fehdefähig waren nur freie Herren, die Verfügungsgewalt über Gesinde und haushaltseigene Familie hatten. Im Gegenzug hatten sie die Fürsorgepflicht für alle, die zum Hausstand rechneten .

Die Fehde, mittelhochdeutsch vehede, hat diesen rechtswissenschaftlichen Aspekt eingebüßt. Geblieben ist eine sehr eingeengte Bedeutung von Feindschaft, ein persönlicher Streit, ein Friedensbruch. Im Mittelalter verstand man darunter einen Privatkrieg, daher noch die Wendung “mit jemandem in Fehde liegen”, verfehdet sein. Der Brauch, einen Handschuh zu werfen oder aufzunehmen als Ausdruck der Forderung zum Duell entstand erst im 18. Jahrhundert. Die Wendung ist eine Metapher für Kampfansage und Herausforderung.

Daraus ist auch der heute übliche Gebrauch in der Zusammensetzung von Stammesfehde zu verstehen, die einen Kleinkrieg in schwer überschaubaren Gegnerschaften beschreibt.

Auch die Feme hat etwas mit der Gerichtsbarkeit der Freien zu tun. Feme bedeutet ursprünglich Bund der zur selben Gerichtsbarkeit Gehörenden. Feme, mittelniederdeutsch veime, veme, ist ein geheimes Gericht, ein Freigericht. Sie war im ausgehenden Mittelalter zu Zeiten des obwaltenden Unfriedens, insbesondere im niederdeutschen Sprachraum, von Bedeutung.

Zwischen Feme und Strafe läßt sich eine weitere Beziehung herstellen, denn das Verb vemen bedeutete verurteilen, strafen. Das Gericht hieß vemedinc. Damit verbindet sich das Bild der der germanischen Rechtssprache zugehörigen “Dingstätte”, die sich aus dem ursprünglichen Begriff “Ding” für den Rechtsgegenstand, althochdeutsch thing, ding, mittelhochdeutsch und mittelniederdeutsch ding, dinc speist. Die Vollstreckung unterstand dem vememeister, dem Henker, vemestat war die Richtstätte.

Das rechtsgeschichtliche Zentrum der Femegerichtsbarkeit befand sich im mittelalterlichen Westfalen. Sie entwickelte sich aus der germanischen Rechtstradition. Kern der Femegerichtsbarkeit war ursprünglich die “handhafte” Tat, die Überführung des Täters “auf frischer Tat”, in flagranti, ” im brennenden Zustand”. Handhaftverfahren wurden also unverzüglich ausgeführt.

Im heutigen Sprachgebrauch versteht man unter einem Femegericht eine geheime Selbstjustiz, oder gar Lynchjustiz. Als Verb wird verfemen, besonders das Zustandspassiv verfemt sein, meistens übertragen gebraucht. Verfemt bedeutet geächtet, ausgeschlossen, verkannt.

Gunhild Simon
Jul 11 2010

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