Groß- und Kleinschreibung von unbestimmten Zahladjektiven

Unbestimmte Zahladjektive und Indefinitpronomen [1] geben etwas über Zahlen und Mengen an, ohne diese aber genau festzulegen. Dieses Merkmal befindet sich in den Attributen “unbestimmt” und “indefinit(iv)”. Beide haben die gleiche Bedeutung: Es geht um eine nicht näher definierte Menge.

Unbestimmte Zahladjektive haben adjektivischen Charakter. Sie sind als Attribut einem Substantiv zugeordnet. Diese Beziehung erweist sich in der Endung: der andere, ein anderer Freund, die andere Freundin, eine andere Freundin, das andere Kind, ein anderes Kind. Die Endungen des unbestimmten Zahladjektivs sind, wie bei anderen Adjektiven, mit entsprechenden Endungen versehen.

Indefinitpronomen heißen so, weil sie stellvertretend stehen. Pronomen bedeutet “für ein Wort, für einen Namen”.

keine Sache = nichts
eine Sache = etwas
kein Mensch = niemand
ein Mensch = jemand
jeder Mensch = jedermann

Zahladjektive sind:

kein, keine, keiner
alle
beide
viele
wenige
ein paar
andere, ein anderer, eine andere
die meisten
die wenigsten
etliche
manche
einige

Alle diese können zwar substantivischen Charakter annehmen, sie können auch als Substantive empfunden werden, denn sie ersetzen ja ein Substantiv. Als Zahladjektive werden sie, bezogen auf ihre Endungen, als solche behandelt. Der entscheidende Unterschied zwischen ihnen und einem Adjektiv ist jedoch, nicht ihrerseits durch ein Adjektiv attribuierbar zu sein.

Aus diesem Merkmal ergibt sich, dass man sie klein schreibt, selbst wenn sie mit einem Artikel versehen sind und nur scheinbar die Gestalt eines Substantivs annehmen.

Substantivierten Adjektiven und Partizipien kann nämlich ein Attribut zugeordnet werden: die schöne Liebste, die tugendhafte Angebetete, die verlassene Schöne.

Dies funktioniert in der Regel nicht bei unbestimmten Zahladjektiven, sondern nur ein Adverb kann sie näher bestimmen, z. B. die ersichtlich meisten, nicht *die ersichtlichen Meisten. Sie werden ihrerseits Substantiven vorangestellt und wenn sie mit einem Artikel gebraucht werden, ist ein Attribut nicht zuordenbar: *der unsichtbare Keine, “die angeschlagenen Meisten, *die kampflustigen Vielen. *die geizigen Wenigen, *die unersättlichen Einigen.

Erst in ihrer Umkehrung als Substantivierung wird daraus eine verständliche Aussage: kein Unsichtbarer, die meisten Angeschlagenen, die vielen Kampflustigen, die wenigen Geizigen, einige Unersättliche

Die amtliche Rechtschreibung erlaubt die Großschreibung unbestimmter Zahladjektive, wenn sie als Substantivierung verstanden werden [2]. Dazu scheint mir nur das folgende Beispiel stichhaltig begründbar zu sein: Wird “der Andere” nicht als eine andere Person, sondern als ein bestimmter anderer Mensch verstanden, dann wäre als Gegensatz zu dem einen weniger Schönen, “der schöne Andere” denkbar.

[1] vgl. blog1.institut1 – Indefinita

[2] Wenn der Schreibende zum Ausdruck bringen will, dass das Zahladjektiv substantivisch gebraucht ist, kann er es nach §57 (1) auch großschreiben, z. B.: … Die Meisten stimmten seiner Meinung zu.

Gunhild Simon
Aug 09 2012

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