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Habseligkeiten, Armseligkeit, Trübsal und Drangsal - Zustände in Notzeiten

Habseligkeiten - das klingt nach letztem Hemd und nacktem Leben. Nach Endzeit und Besinnung auf die letzten Dinge. Gerade in Zeiten von Flucht und Verfolgung, in Zeiten von Naturkatastrophen und politisch existentiellen Krisenzeiten gilt es zuweilen, seine letzte Habe, seine Habseligkeiten, zusammenzuraffen und alles hinter sich lassend nach neuen Lebensräumen zu suchen.

Habseligkeiten hat nichts mit der Pietät der erhofften Seligkeit zu tun. Es ist eine Art Volksetymologie, eine gefühlte Wortverwandtschaft, die dieses Wort mit anderen - Trübseligkeit, Armseligkeit, Mühseligkeit - teilt. Aber an Mühsal, Trübsal - auch Drangsal, Rinnsal, Schicksal - wird das nicht mehr produktive substantivische Suffix -sal noch deutlich.

Diee Bedeutung  von -sal scheint, ähnlich wie -heit , in der Nähe von “Zustand, Beschaffenheit” zu liegen. Es hat allerdings kein selbständiges Substantiv als Ursprung, so wie -heit im Altenglischen had, Würde, Wesen, Gestalt , im Altisländischen heidr, Rang, Gabe, vorweisen kann. Dieses eigenständige Substantiv ging im Laufe der Sprachgeschichte verloren, blieb aber als Mittel der Bildung von Abstrakta erhalten: Kindheit, childhood.

Das Suffix -sal zeigt sich bei Wörtern, die damit in verborgener Gestalt verwandt sind - Salbe - oder solche, die das Suffix -sel haben: Füllsel, Überbleibsel, Einsprengsel, Geschreibsel.

In dem Wort Habseligkeiten, das als Singular gar nicht vorkommt, ist daher sprachgeschichtlich eine Parallele zu den Wörtern, die auf -sel enden, zu unterstellen. Dann ergibt sich die folgende Aufteilung: Habsel-igkeit.

Einigen Adjektiven ist diese leicht verschlungene Verwandtschaftsbeziehung noch anzumerken: armselig, rührselig, trübselig, mühselig. Keinem davon ist etwas Seliges eigen.

Gunhild Simon
12.12.2008

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