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Hermann Hesse: Demian - ein Hörbuch gelesen von Ulrich Noethen

Hermann Hesse ist das unsterbliche Idol der Jugend, Symbol des Aufbruchs, der Individuation, der Selbstfindung, der Melancholie.

Seine Erzählung Demian, aus der autobiographischen Perspektive geschrieben, ist der Prototyp des Genres eines Entwicklungs- und Bildungsromans. Es geht um den Ablösungsprozess des Knaben Emil Sinclair von dem behüteten kindlichen Dasein eines bürgerlich geordneten Familienlebens. Er erlebt diese Entwicklung als einen heftigen Widerstreit zwischen der reinen Welt der Familie und den dunklen Verwirrungen, denen er sich in der Außenwelt aussetzt.

Scham und Verstrickung reichen so tief, dass er allein nicht den Mut findet, sich zu befreien oder sich anzuvertrauen. Max Demian, ein älterer Mitschüler, bewundert und gleichzeitig gemieden wegen seiner Überlegenheit und Reife, gibt ihm die Kraft, sich aus dem Bann zu lösen.

Neuorientierung nach Rückschlägen und Exzessen

Mit der Pubertät beginnt ein anderer Lebensabschnitt. Er wird mit neuen Fragen konfrontiert. Bis er Demian wieder begegnet, schweift er durch vielerlei Sphären - Höhenflüge und Abgründe des Heranwachsens.

Er erlebt Verliebtheit, muss, um nicht vollends zu scheitern, das Elternhaus verlassen, und es gelingt ihm erst nach Rückschlägen und Exzessen, sich neu zu orientieren. In Demians Mutter gar glaubt er die Frau seines Lebens zu erkennen. Zwar erfüllt sich die Liebe nicht. Jedoch bleibt die wegweisende Kraft sein Jugendfreund, bis er von ihm endgültig bitteren Abschied nehmen muss. Aber inzwischen ist dessen Mission erfüllt. Emil hat die Reife erlangt, für sich selbst einzustehen.

Der Roman Demian ist im Ersten Weltkrieg entstanden. Der Autor war bei seinem Erscheinen Anfang vierzig. Er hatte ihn zunächst unter dem Pseudonym Emil Sinclair veröffentlicht, ein verstecktes Zugeständnis an die unleugbar autobiographischen Züge. Erst später bekannte er sich zu dem Werk, das ihm sogar den Theodor-Fontane-Preis eingebracht hatte, ein angesehener Preis für Erstveröffentlichungen. Er änderte den Titel und gab den Preis zurück.

Hermann Hesses Erzählstil zeichnet sich durch den Verzicht auf üppige sprachliche Ausgestaltung des Milieus, des Äußeren, aus. Er konzentriert sich ganz auf das Innenleben, die Gefühlslage, seelische Verfassung und Entwicklung seines Protagonisten, ein Hinweis auf seine Beschäftigung mit dem Thema Psychotherapie und Psychoanalyse. Der Dichter hatte selbst einen komplizierten und bedrohlichen Reifeprozess, der ihn zu dieser Auseinandersetzung zwang, hinter sich. Hinter der Gestalt des Therapeuten Lang verbirgt sich C. G. Jung.

Der Text wird von Ulrich Noethen gelesen. Seine zurückhaltende, gleichwohl behutsame Stimme lässt den Hörer am Schicksal Emils teilnehmen, in die Welt des Kindes, des Heranwachsenden, der sich entfaltenden Persönlichkeit eintauchen, ohne ihn durch Gefühligkeit zu verführen, zu verschrecken oder auf kritische Distanz zu bringen. Ein gelungenes Werk, das dem Text auf angenehme Art gerecht wird!

Gunhild Simon
Nov 04 2009

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