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Intelligenz, Bildung und Erziehung

Intelligenz heißt Einsichtsfähigkeit. Darin steckt lateinisch intelligens, einsichtig, verständig, aus intellegere verstehen, einsehen.

Wörtlich verstanden als Kompositum aus inter, dazwischen, und legere, lesen, lässt sich das Wort als Übertragung auslegen. Dann ließe sich daraus das Bild des “Lesens zwischen den Zeilen” erkennen. So wird ersichtlich, dass Intelligenz nicht das Ergebnis sturen Paukens ist.

Intelligenz ist die Gabe, das Lernen mit Erkenntnis zu verknüpfen, eine Einsicht zu gewinnen und sie auf einen anderen Zusammenhang zu übertragen. Diese Übertragungsleistung heißt in der Didaktik, der Unterrichtslehre, Transfer. Transferleistung ist ein Aspekt der Evaluation, der Lernzielkontrolle – Instrument des Lehrers, um sich des Effekts seiner Bemühungen zu versichern.

Erziehung ist eine soziale Aufgabe, für die Familie und die Gesellschaft, die dafür die Verantwortung tragen. Je weniger die Familie der Aufgabe gewachsen ist, gesellschaftliche Werte mitzutragen – verschleiernd “sozial schwache” oder “bildungsferne Schichten” genannt – desto mehr ist die Gesellschaft zum Ausgleich in der Pflicht.

Die gesellschaftliche Verantwortung zielt auf ein geordnetes Sozialgefüge ab, ohne dessen Gewährleistung der gesellschaftliche Tribut ungleich höher wäre: Minderqualifikation, Arbeitslosigkeit, Versorgung einer wachsenden Zahl von Desintegrierten auf Kosten einer sinkenden Zahl von Steuerzahlern, Zunahme von Kriminalität, Unzufriedenheit, Sozialneid und Unsicherheit. Sinken des Volkseinkommens, Erhöhung der sozialen Ausgaben für die Versorgung.

Erziehung ist die Anpassung und Eingliederung des unfertigen Menschen in ein soziales Gefüge, die Familie, die Kindergruppe, die Schulklasse. Hier findet vorwiegend soziales Lernen statt, um das Kind im Umgang mit Gleichaltrigen und Erwachsenen zu stärken, seine soziale Kompetenz zu entfalten und zu erweitern.

In Kindergarten und Schule, also einer anderen Gruppenstruktur als der familiären, herrschen andere Gesetzmäßigkeiten, ergeben sich neue Aufgabenfelder. Das Kind muss soziale Tugenden lernen, sich neue Strategien aneignen. Es ist gefordert, eine andere Rolle auszufüllen als in der familiären Konstellation. Es muss sich in der Gruppe gleichzeitig behaupten und unterordnen, muss sich an Regeln beweisen und die Rechte und Pflichten, die sich aus einem Gruppengefüge ergeben, respektieren. Es muss in einer anderen Weise Teilen erfahren, materielles Teilen, wie auch das Teilen von Aufmerksamkeit und Zuwendung, das Abwarten, das Zurückstehen. Günstigenfalls wird es aktiver Teil des Gruppengeschehens, also des Erziehungsprozesses sein. So sind auch seine Fähigkeiten des Vorlebens, des Vermittelns, des Integrierens, des Empathieempfindens gefordert.

Bildung ist der Inhalt schulischer Bemühungen. Der rechtliche Hintergrund ist die Schulpflicht, in deren Rahmen Bildung vermittelt wird. Aus diesem Grund ist es der Staat, der seine Organe damit beauftragt, die Bildungsinhalte festzulegen, die die “Leitkultur” tragen, und für ihre unterrichtliche Umsetzung zu sorgen. Daraus ergibt sich die Verantwortung der Schule, für die Bildung geradezustehen. Das wird durch eine Verwaltung gestützt, die Schulaufsicht, die sowohl die Lehrerausbildung als auch die Schulen kontrolliert.

Erziehung und Bildung sind die beiden Säulen des öffentlichen Schulwesens. Sie sind zugleich Aufgabe und Auftrag staatlicher schulischer Einrichtungen. Im nicht obligatorischen Kleinkindersektor – Kindergarten und Krippe – liegt dagegen das Gewicht nocht nicht auf Leistung – kognitivem Lernen – sondern auf sozialem Lernen. Vorrang haben die Förderung und der Ausgleich sozialer Benachteiligung und sprachlicher Defizite.

Ohne Erziehung verwahrlost der Mensch, weil er als soziales Wesen eines gesellschaftlichen Geflechts bedarf, um sich zu definieren. Als Kind lernt er schrittweise, sich aus dem inneren Kreis der Familie in den äußeren der Gesellschaft zu bewegen, in die Öffentlichkeit, sich also in den Bereichen des Handels und Verkehrs zurechtzufinden. Zu all diesen Leistungen benötigt er Bezugspersonen, die ihn an die Hand nehmen und ihn unterrichten über die Verkehrsformen und Gepflogenheiten. Er braucht Menschen, denen er vertrauen und an denen er sich orientieren kann.

Ohne Bildung, und in engem Zusammenhang damit Ausbildung, kann ein Mensch kein Bewusstsein seines gesellschaftlichen Wertes aufbauen, das die Grundfeste für Selbstbewusstsein und Zutrauen in seine eigene Kraft ist. Abhängigkeit von anderen lässt abstumpfen und resignieren. Bildung ist eine Voraussetzung für Selbstbestimmtheit und Lebensfreude.

Denn was ist schlimmer als Langeweile und Überdruss?

Gunhild Simon
Sep 18 2010

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