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Kausative Verben - eine Verbgruppe, die etwas über Wirkungen aussagt

Es gibt eine Vielzahl von Begriffen, um Verbgruppen in ihren unterschiedlichen grammatischen und inhaltlichen Zusammenhängen zu beschreiben. Diese stehen nicht in einem Verhältnis zueinander, sondern grenzen die Aussage der Verben ein.

Unter diesem Gesichtspunkt unterscheidet man zwischen Zustandsverben - bleiben, wohnen, sein -, Handlungsverben - arbeiten, denken, bauen - und Vorgangsverben - wachsen, entstehen, fallen.

Verb heißt Zeitwort oder Tätigkeitswort. Es ist im Satz flektiert, d. h. konjugiert oder gebeugt, also fest mit einer Personalendung und einer Ergänzung, dem Subjekt, verbunden - Der Mann arbeitet. Wegen ihrer Unabhängigkeit, Absolutheit, heißt diese Gruppe auch die der absoluten Verben.

Verben, die weitere Ergänzungen haben, nennt man auch relative Verben, weil sie ein Verhältnis, eine Relation zwischen Subjekt und Objekt herstellen - Der Vater schenkt dem Kind einen Roller.

Eine große Verbgruppe kann ein Akkusativobjekt als Ergänzung haben. Solche Verben heißen transitiv - von lateinisch transire, hinübergehen, weil sie vom Aktiv ins Passiv übergehen, übertragen werden können. Dabei wird das Akkusativobjekt zum Subjekt umgeformt. Diese Funktion nennt sich persönliches Passiv: Das Kind streichelt den Hund. Der Hund wird (von dem Kind) gestreichelt.

Manche Verben sind sowohl transitiv - Der Hirt weidet die Herde. Die Herde wird von dem Hirten geweidet.- wie auch intransitiv - Die Herde weidet. Oder: Ich koche/brate/gare/schmore das Essen. - Das Essen kocht/brät/gart/schmort.

Verben, die etwas über die Absicht eines Tuns aussagen, heißen modale Hilfsverben. Ihre Funktion ist es, die Verbaussage abzutönen. Darin steckt Modus, die Art und Weise. Naturgemäß ist ihre Anzahl begrenzt: müssen, sollen, dürfen, brauchen, können, wollen, mögen.

Verben, die sich auf die handelnde Person selbst beziehen, heißen rückbezügliche, reflexive, Verben. Manche Verben können sich sowohl auf eine beliebige wie auf eine reflexive Ergänzung beziehen. z. B. etwas, jemanden waschen, sich waschen oder jemanden an etwas erinnern, sich an etwas erinnern.

Verben, die eine Gegenseitigkeit ausdrücken, nennt man reziprok. Reziproke Verben sind beispielsweise sich voneinander trennen, ~verabschieden, sich einander vorstellen, einander gegenüberstehen, ~umarmen, ~achten, ~verachten. Die reziproke Funktion ist als Abgrenzung zur reflexiven zu betrachten. Naturgemäß kommt diese nur für pluralische Situationen in Betracht. So kann achten als normales transitives Verb auftreten - Ich achte das. - wie als reflexives - Ich achte mich (selbst) - oder als reziprokes - Wir achten einander.

Verben, die eine Wirkung, eine Richtung ausdrücken, heißen kausative Verben. Darin steckt causa, lateinisch Grund. Damit wird eine Handlung bezeichnet, die der Grund für das Eintreten eines Sachverhalts ist. Kausative Verben haben eine Akkusativergänzung. Dies ist das Objekt, auf das sie sich richten. Aus diesem Grund wäre der Akkusativ, “Anklagefall”, der in der griechischen Grammatik Causativus heißt, sinnvoller Kausativ zu nennen.

Beispiele:

jemanden erschrecken - machen, dass jemand erschrickt - erschrecken
erinnern - machen, dass sich jemand erinnert - sich erinnern, sich entsinnen
fällen - machen, dass etwas fällt -fallen
stellen - machen, dass etwas steht - stehen
legen - machen, dass etwas liegt -liegen
hängen - machen, dass etwas hängt - hängen
führen - machen, dass etwas fährt - fahren
schwenken - machen, dass etwas schwingt -schwingen
füttern - machen, dass etwas frisst oder jemand isst - fressen, essen
einschläfern - machen, dass jemand schläft - schlafen
gängeln - machen, dass jemand geht - gehen
wenden - machen, dass sich etwas windet - winden
werken - machen, dass etwas wirkt - wirken
schwemmen - machen, dass etwas schwimmt - schwimmen

Vergleicht man diese einander gegenüberstehenden Verben, so fällt eine formale Ähnlichkeit an ihnen auf. Bezeichnender jedoch ist, dass die Kausative ein Akkusativergänzung benötigen, die wiederum bei ihren absoluten Pendants zum Subjekt wird: Der Besucher hängt den Mantel an den Haken. Der Mantel hängt an dem Haken. Als weiteres Merkmal stellt man fest, dass die kausativen Verben schwach gebeugt werden, während diejenigen, die die eingetretene Wirkung beschreiben, fast ausnahmslos starke, also ungelmäßige, Verben sind.

Die Beispele, deren Grundform, der Infinitiv, gleich lautet, sollen hier gesondert betrachtet werden:

hängen (aufhängen, anhängen u. ä.), hängte, gehängt gegenüber hängen, hing, gehangen

Dem kausativen Verb etwas hängen steht das absolute Verb hängen gegenüber. Das kausative hat regelmäßige Verbstammformen, das absolute unregelmäßige:

Die Wäsche hängt, hing auf der Leine. - Sie hatte den ganzen Tag auf der Leine gehangen. Er hatte seinen Hut aufgehängt. - Der Hut war aufgehängt worden. Nicht: *aufgehangen.

Eine weitere Ableitung ist henken, jemanden aufhängen, hinrichten durch den Strang. Hier lauten die Formen: jemanden henken, henkte, gehenkt oder jemanden hängen, hängte, gehängt.

Zu ähnlicher Verwirrung führt erschrecken. Es tritt als kausatives Verb auf, das einer Ergänzung bedarf: jemanden erschrecken. In diesem Fall wird es schwach, also regelmäßig gebeugt: erschrecken, erschreckte, erschreckt, Imperativ: Erschrecke (ihn nicht!). Ihm steht das absolute erschrecken - nicht *sich erschrecken - gegenüber. Es hat im Gegensatz zu dem kausativen starke, also unregelmäßige Stammformen: erschrecken, ich erschrecke, du erschrickst, er erschrickt, erschrak, erschrocken, Imperativ: Erschrick (nicht!).

Hier noch einige Beispele:

Der plötzliche Lärm erschreckt sie. - Sie erschrickt beim Aufheulen des Motors.
Die Faschingsmaske erschreckte mich. - Ich erschrak über die Maskierung.
Er wurde von der Nachricht erschreckt, in seiner Wohnung sei eingebrochen worden. - Er war erschrocken über den Einbruch.

Gunhild Simon
29.01.2009

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