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Konsens, Dissens - Präsens, Präsenz

Will man im Deutschen Einigkeit oder Uneinigkeit ausdrücken, wählt man zunehmend die Fremdwörter Konsens und Dissens. Man könnte annehmen, dass sie ähnlich wie Präsens, ein geläufiges grammatisches Fremdwort, betont würden.

Es steckt aber nur in Konsens und Dissens lateinisch sensus, -us, m, ja sogar englisch sense, Sinn. Das führt offenbar zu dem Missverständnis einer falschen Betonung.

Tatsächlich lautet das englische Wort für Übereinstimmung consensus. Daran wird deutlich, dass die Betonung auch hier auf der zweiten Silbe liegt.

Somit wird das Wort wie andere ähnlich zusammengesetzte Fremdwörter - konform, konvex, konfus, diskret, Diskant, Diskurs - auf der sinntragenden, der zweiten Silbe, betont.

Anders verhält es sich mit dem grammatischen Fachwort Präsens, die grammatische Gegenwart. Darin steckt das unregelmäße Verb praeesse, da sein, dessen Partizip I praesens, praesentis, da seiend, lautet.

Ein ähnlich klingendes Wort ist Präsenz, Anwesenheit, Gegenwärtigkeit. Es leitet sich ab von praesentia, lateinisch Gegenwart. Das Gegenteil ist Absenz, aus absentia, Abwesenheit. Das Adjektiv zu Präsenz lautet präsent, gegenwärtig, das zu Präsens dagegen präsentisch, zum Präsens gehörig.

Man schließe also nicht von einer oberflächlichen Betrachtung der letzten Silbe auf Regelhaftigkeit der Ableitung: der Konsens, aus consensus, m, und der Dissens, aus dissensus, m, sind nicht von einem Partizip I, sondern von einem Substantiv abgeleitet wie das Präsens aus praesens, daseiend, im Gegensatz zu praesentia, f, Anwesenheit, Gegenwärtigkeit, die Präsenz.

Präsenz und Absenz, Konsens und Dissens werden auf der zweiten Silbe betont. Dagegen liegt der Akzent bei Präsens auf der ersten Silbe.

Gunhild Simon
1.06.2009

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