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Lemma und Dilemma

Gegenstand der Betrachtung ist ein ungewöhnliches Begriffspaar: Lemma und Dilemma. In ihren heutigen Bedeutungen sind beide unterschiedliche Wege gegangen.

Beide Termini sind in ihrem Ursprung griechische Wörter. Das Positivum beider, das Lemma, ist ein fachsprachlicher Terminus, während die komplizierter anmutende präfigierte Ableitung Dilemma Eingang in die Umgangssprache gefunden hat.

Lemma, Plural: Lemmata, bedeutet übergreifendes Stichwort in einem Nachschlagewerk, Annahme, Oberbegriff, Überschrift, Motto, Grundlage. [1]

Lemma ist ein Begriff, der in der Wissenschaft, der Mathematik, besonders in der Sprachwissenschaft und im Bibliothekswesen gebraucht wird. Ein Stichwortverzeichnis, ein Lexikon, ein Wörterbuch enthält Lemmata.

Dilemma heißt eigentlich “zweifaches Motto”. Das wird ausgedrückt mit Zwangslage, Zwangsentscheidung, zweischneidige Lage. [2] Der Plural lautet dem griechischem Muster entsprechend zwar Dilemmata, ist aber im Sprachgebrauch unüblich.

Die griechische Vorsilbe di- ist Ausdruck von etwas Dualem, Zweihaftem, Zwispältigem. [3]

Das Kennzeichen des Dilemmas ist dem Muster der klassischen griechischen Tragödie nachempfunden: Was immer der tragisch verstrickte Mensch tut, wie immer er sich auch entscheidet, er ruft Verderben hervor. Die Situation des Irdischen hält einer rationalen Prüfung, Abwägung und Entscheidung nicht stand. Die Götter haben bereits den Stab über ihm gebrochen.

Auf der profanen Sprachebene nennt man das “zwischen zwei Stühlen sitzen”, “in der Zwickmühle sein”, “Man kann den Kuchen nicht haben und ihn aufessen”.

Beide Alternativen des Dilemmas sind dadurch gekennzeichnet, keinen glücklichen Ausgang zu versprechen. Verwirklicht man die eine, so erleidet man einen Verlust auf Kosten der anderen. Darin liegt die Zweischneidigkeit des Dilemmas.

[1]
- Wissenschaft: den Hauptinhalt eines Werkes kennzeichnende Überschrift (”ein charakteristisches L.”)
- Sprachwissenschaft: Stichwort (”das L. ansetzen; eine Karteikarte mit einem L. versehen”)
- Mathematik: Satz, der zum Beweis eines anderen Satzes dient (”das L. ist die Grundlage für den folgenden Beweis”)
nach DWDS

[2]
Zwangslage, vor die jmd. bei der Wahl zwischen zwei in gleicher Weise schwierigen Entscheidungen gestellt ist (”ein großes, schweres D.; die Lösung eines Dilemmas; ein D. ergibt, löst sich; einen Ausweg aus einem D. suchen, finden; aus diesem D. gibt es nur einen Ausweg; sie weiß nicht, wie sie aus dem D. herauskommen soll; in einem D. sein; sie befanden sich in einem schwierigen D.; jmdn. in ein D. bringen”; umgangssprachlich: “Da bist du in ein schönes D. geraten”)
nach DWDS

[3]
Beispiele aus dem Griechischen stammender Fremdwörter mit der Vorsilbe di-, zweihaft: dichotom = zweigeteilt, dimorph = zweigestaltig, Diphthong =Zwielaut, Dioxid = mit zwei Sauerstoffatomen zustandekommende anorganische Verbindung, Diözie = “Zweihäusigkeit” bei Pflanzen, diploid = mit doppeltem Chromosomensatz ausgerüstet, Diplom = “zweifach gefaltete” Urkunde über einen Abschluss

Gunhild Simon
Aug 07 2012

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