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Mal oder mal?

Ein Mal ist ein Zeichen. Ein Merkmal, ein Muttermal, ein Gesichtsmal, ein Kainsmal, ein Mahnmal, ein Denkmal.

Jesus zeigte den Jüngern zum Beweis seiner Identität bei seinem leiblichen Erscheinen nach seiner Auferstehung seine Wundmale. Am Aschermittwoch zeichnet der katholische Priester den Gläubigen ein Aschekreuz auf die Stirn, das Stirnmal zur Erinnerung an die beginnende Fastenzeit. Die Rechtsgeschichte dokumentiert vielfältige Bräuche, Menschen, die eines Vergehens überführt waren, durch sichtbare Male – an Stirn, Wangen oder Ohren [1] – mahnend oder warnend zu kennzeichen, gesellschaftlich auszugrenzen.

Der Ausdruck gezeichnet sein wird zwar häufig übertragen gebraucht, vom Tode, einer Krankheit oder vom Kummer gezeichnet, sein ursprünglich figürlicher Hintergrund dürfte jedoch daher rühren.

Das Mal ist also ein dingliches, ein sichtbares Erkennungszeichen, vergleichbar einer Standarte, dem weithin erkennbaren Erkennungsfähnlein für den “Standort”.

Spricht man dagegen von einem Mal im zeitlichen Sinn, also einem Zeitpunkt, an dem sich ein Geschehen zuträgt, so kann man dies, handelt es sich um mehrere Geschehnisse, pluralisch ausdrücken:

ein einziges oder kein einziges Mal, dieses (eine) Mal, (so) manches (liebe) Mal, jedes Mal, zum anderen Male, beide Male oder viele Male, alle Male.

Zusammengeschrieben ergeben sich daraus Temporaladverbien, Zeitbestimmungen:

einmal, zweimal, diesmal, manchmal, nochmal, jedesmal, mehrmals, abermals, vielmals, beidmals, niemals, andernmals, allemal

Diese Art der Bildung von Adverbien aus adverbialen Bestimmungen [2] funktioniert auch bei anderen Substantiven, deren artikelloser Genitiv zu einem kleingeschriebenen Adverb führt:

am Tage, am Tage darauf, im besten, widrigen, anderen Falle, auf der einen oder der anderen Seite, auf oder zu beiden, allen Seiten, in der Zeit, am Morgen, in der Nacht

Daraus ergeben sich die folgenden Adverbien:

tags darauf, bestenfalls, widrigenfalls, anderenfalls, einerseits, andererseits, beidseits, allerseits, derzeit, morgens, nachts, nächtens

Für die Rechtschreibung folgt daraus:

Im überwiegenden Gebrauch schreibt man einmal klein und zusammen. In der Umgangssprache wird einmal häufig zu mal verkürzt. In diesem Fall wird es natürlich klein geschrieben. Zum Zwecke der besonderen Betonung – ein Mal mit der Bedeutung dieses eine Mal, ein einziges Mal nur, – kann man es, genau nach dem Muster des umgekehrten Zustandekommens, getrennt schreiben. Wie bei den meisten Wörtern, deren Getrennt-oder Zusammenschreibung ungewiss ist, gibt die Betonungsregel einen Hinweis. Zusammengeschrieben liegt die Betonung auf dem ersten Wortglied, während in der Getrenntschreibung das zweite Wort zumindest ebenso stark, wenn nicht stärker, betont wird.

[1] Ausdiesem Zusammenhang ist der Name Schlitzohr und das entsprechende Adjektiv schlitzohrig zu verstehen als ein nicht vertrauenswürdiger Mensch, ein Gauner, der für alle erkennbar gezeichnet ist.
Vgl. den Artikel über Zinken:
blog1.institut1: Zinken und Zinnen

[2] Zum genaueren Verständnis des Adverbiales vgl.
blog1.institut1: Adverb, Adverbiale, Adverbialsatz

Gunhild Simon
Sep 19 2010

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