Menschen und Tauben im Kaifu-Bad in Hamburg

Das Kaifu-Bad ist eine Oase der Ruhe. Es gibt nämlich nicht nur eine Liegewiese, sondern auch Liegestühle. Sich ein Exemplar zu ergattern ist bei gutem Wetter eine Sache für Frühaufsteher. Bald aber werden Kühltaschen, Körbe mit allerlei Proviant auf Picknickdecken ausgebreitet. Wer nichts mitgebracht hat, kann sich am Kiosk versorgen. Auch das Anstehen für Pommes-Frites und Eis hat Unterhaltungswert. Baden macht hungrig.

Wenn die Sonne hinter den Bäumen verschwindet und ihre Schatten den Rasen einholen, leert sich die Liegewiese. Dann ist die Zeit der Tauben gekommen. Sie kennen wohl den Zusammenhang zwischen schwindendem Licht und ungestörtem Nahrungsangebot. Ein bedingter Reflex vielleicht, der nicht an die sich langsam verschiebende Zeit gebunden ist.

Als hätte die ganze Schar die Szene schon seit geraumer Zeit verfolgt, kommt einem unerforschlichen Signal folgend ein Tieffluggeschwader angesegelt und lässt sich zielgenau zwischen den verwaisten Liegestühlen nieder.

Mit nickendem Kopfe spazieren sie geschäftig einher, um die Krümelhinterlassenschaft zwischen den Halmen zu verlesen. Gelegentlich schwenkt ein glutäugiger Täuberich um und verlegt sich auf Brautwerbung. Die Identität der Umworbenen ist offenbar nebensächlich. Nur der immer gleiche Ablauf bleibt. Die Schritte sind wie abgezirkelt, wie eine strenge Tanzfigur. Die Haltung weist seine Männlichkeit aus. Der Hals biegt sich stolz unter aufgeplustert irisierendem Federkleid, Gurrlaute dringen aus seiner Kehle, und in nimmermüder Schrittfolge umtrippelt er die Umworbene. Sie indes umgeht seine Bemühungen in Gleichmut.

Schon neigt sich das Schaupiel seinem Ende zu, und wie einer Absprache folgend verschwindet die Taubenschar - zu anderen Revieren oder in die nahen Wohnbäume, von denen das gleichförmige “Rucke-di-gu” den ganzen Tag schon herübergeweht war.

Webhinweise:

Kaifu-Bad Hamburg

Linguistik online

Gunhild Simon
27.05.2008

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