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nämlich und selb

Nämlich und selb sind lexikalisiert, d. h. sie stehen  im Wörterbuch. Zu welcher Wortart sie gehören, sieht man ihnen jedoch kaum an.

Nämlich ist vorwiegend als Adverb gebräuchlich. Adverbien sind unveränderlich.

Zum Beispiel: “Ich kann nicht kommen. Ich bin nämlich krank.”

Als Adjektiv wird nämlich nur selten gebraucht. Vielen klingt es ungewohnt. In bayerischer Mundart ist es üblich. Es hat eine ähnliche Bedeutung wie namentlich.

In diesen beiden Adjektiven, nämlich und namentlich, steckt Name. Beiden gemeinsam ist eine betonende, verweisende Aussage. Der Nämliche bedeutet derjenige, namentlich als Adverb gebraucht bedeutet gerade, insbesondere. Hier überschneiden sich diese mit derselbe:

“Heute traf ich einen flüchtigen Bekannten.

Es ist der nämliche (Bekannte, Kollege, Kommilitone), …”

“Namentlich er ist es, der …”

“Es ist derselbe, der …”

Derselbe ist ein Pronomen und Artikelwort - “derselbe Mann”,  “Es ist derselbe, der …” . Als Adjektiv ist ein Wortfragment, das eine Verschmelzung mit dem bestimmten Artikel eingegangen ist. Es hat die Bedeutung von identisch, ein und dasselbe. Daher kann es auch kaum sinnvoll mit dem unbestimmten Artikel zusammenpassen, da dieser die Existenz mehrerer Identitäten voraussetzte, was aus sprachlogischer Sicht nicht möglich ist.  Es ist flektierbar wie andere Demonstrativpronomen, dieser, jener, derjenige. Diese Eigenschaft teilt also auch derselbe mit Adjektiven. Auch die Flexionsendungen sind wie bei derjenige adjektivisch, während das Demonstrativ dieser und jener wie der bestimmte Artikel flektiert werden . Die Unterschiede zeigen sich deshalb so deutlich, weil bei derselbe und derjenige der den bestimmten Artikel enthaltende Worteil gebeugt ebenfalls werden muss: derselbe, desselben, demselben, denselben etc. So unterliegen diese Demonstrativpronomen eindeutig der Adjektivdeklination.

Derselbe, desselben, Selbiger sind stilistisch besser zu ersetzen durch Personalpronomen - er - Possessivpronomen - sein - oder Demonstrativpronomen - der, jener.
Derselbe ist eine Verbindung aus einem Artikel und dem adjektivischen Bestandteil selb.
Dieser Bestandteil erscheint auch in selbständig (eigenständig), selbander (mit/einander, zu zweit) und selbdritt (zu dritt).

In bestimmten Zusammenhängen trennt man selb wie ein normales Adjektiv: “Ich bin zur selben Zeit da wie du.” “Ich wohne im selben Haus wie er.” Das betrifft alle Präpositionen, die im Dativ und Akkusativ mit dem bestimmten Artikel verschmelzen: ans, am, zum, zur, im, beim, vom selben, aufs, ins selbe.

Dagegen sind selbst und selber Fokuspartikeln. Formal erscheinen sie wie Steigerungsformen von selb. Selber hat die Form eines Komparativs, selbst die eines Superlativs. Selber ist aber die erstarrte maskuline Form von selb. Dagegen kommt auch in höchstselbst, höchstpersönlich, ein Superlativ zum Ausdruck. Er bezeichnet hier das Singuläre.  Selbst gilt heute als hochsprachlicher als selber.

Ein adjektivisch flektierbares Demonstrativum kommt zustande durch die adjektivische Endung -ig, wie bei derjenige. Der Selbige, Selbiges als Substantivierungen von selbig.

Beispiele eines vom bestimmten Artikel getrennten adjektivischen Gebrauchs:

“In selber ruhiger Weise fuhr Spanheim fort.” ( ALEXIS Dorothee 1, cap. 17)

” … welcher aber, statt den Geist zu sammeln, selben zerstreuet. (Goethe)

“Es gibt keinen selben (sprachlosen) Gedanken” (Dieter Birnbacher, Armin Burkhardt: Sprachspiel und Methode)

D. h. Es gibt nicht denselben (sprachlosen) Gedanken

“So koexistieren Affirmation und Negation in einem selbenText” ( Ulrike Schneider: Der poetische Aphorismus bei Edmond Jabès, Henri Michaux und René Char)

D. h.: in ein und demselben Text

“In Putnam (1983) verwendet er auch die zwei selben Sätze wie in Putnam (1988)” (Luis Fernández Moreno: Wahrheit und Korrespondenz bei Tarski)

D. h. dieselben beiden Sätze

Gunhild Simon
2.07.2009

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