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Possessivpronomen – Possessivartikel oder Possessivadjektiv?

Pronomen, auf deutsch Fürwort, bezeichnet eine vielgestaltige Gruppe von Wörtern, die untereinander nach ihrer Funktion unterschieden werden.

Das Wort selbst pro nomen bedeutet “für ein Nomen”. Das besagt eigentlich, dass es ein Nomen, also ein Substantiv ersetzt. Es gibt allerlei unterschiedliche Pronomen mit jeweiligen syntaktischen Aufgaben:

- Personalpronomen – persönliches Fürwort (ich, du …)
- Demonstrativpronomen – hinweisende Fürwörter (dieser, jener …)
- Possessivpronomen – besitzanzeigende Fürwörter (mein, dein …)
- Relativpronomen – bezügliche Fürwörter (der, welcher …)
- Reflexivpronomen – rückbezügliche Fürwörter (mich, dich, sich …)
- Fragepronomen – Fragewörter (wer? was? …)
- Indefinitpronomen – unbestimmte Fürwörter (niemand, nichts, etwas …)

Die Pluralbildung folgt entweder dem deutschen oder dem lateinischen Muster: das Nomen, die Nomen/die Nomina – das Pronomen, die Pronomen/die Pronomina.

Die syntaktische Stellvertretung tritt am deutlichsten bei den Personalpronomen hervor. Sie heißen ich, du, er sie, es, wir, ihr, sie. Bei den Demonstrativpronomen trifft das Bild Pro-nomen zu, wenn sie ein Substantiv ersetzen: Beide Schüler kommen zu spät. Dieser hatte einen Unfall. Jener hat verschlafen. Stehen sie jedoch attributiv, also bezogen auf ein Substantiv - dieser Mann, jene Frau – haben sie die Funktion eines Artikels. Dann rücken sie in die Nähe der Artikelwörter.

Ganz ähnlich ist das Vorkommen der Possessivpronomen mein, dein, sein, unser, euer, ihr. Wie die Demonstrativpronomen dieser, jener, derjenige u. ä. passen sie ihre Endungen in attributiver Funktion ihrem Beziehungswort an. Dann werden sie wie Adjektive gebeugt, sie erhalten adjektivische Endungen. Das könnte die Bezeichnung Possessivadjektiv rechtfertigen. Im Unterschied zum Adjektiv ersetzen sie aber gleichzeitig den Artikel. Das lässt sie wiederum in die Nähe der Definition eines Artikelworts rücken: ein Hund, mein Hund; eine große Katze, deine große Katze; ein schönes Haus, sein schönes Haus.

Possessivpronomen haben fast alle Merkmale von Adjektiven.

Sie haben Endungen wie adjektivische Attribute, sie werden wie Adjektive in attributiver Stellung gebeugt, z. B. mein Hund, meines Hundes, meinem Hund, meinen Hund. Sie sind substantierbar z. B. das Meine, das Deine, das Seine. Sie können prädikativ gebraucht werden, z. B. Es ist mein, meins, meines, meiner, meine. Das ließe sie mit dem Terminus Possessivadjektiv genau umrissen erscheinen. Dies liegt umso näher, weil das Possessiv im Lateinischen und infolgedessen in den romanischen Sprachen sich noch deutlicher in attributiver Stellung dem Beziehungswort angleicht. Daher die Auffassung als Possessivadjektiv.

Ihr entscheidendes Merkmal ist jedoch, dass sie den Artikel implizieren. Das unterscheidet sie wesentlich vom Adjektiv und lässt sie als Artikelwort erscheinen. [1] Aus dieser Sicht wäre der Terminus Possessivartikel gerechtfertigt.

Wie verhalten sich Artikelwörter und Pronomen zueinander?

Es kann wie bei dieser, jener, derjenige, derselbe kein Artikel hinzutreten: dieses Jahr, jenes Jahr, mein Jahr.

Im Unterschied dazu betrachte man Adjektive: letztes Jahr – das letzte Jahr, ein letztes Jahr. Das Possessiv ersetzt den Artikel: mein letztes Jahr.

Hier liegt der entscheidende Unterschied zum Adjektiv, der das Possessiv als Pronomen qualifiziert.

Demonstrativpronomen und Possessivpronomen überlappen sich gleichsam. Ihre gemeinsame Schnittmenge ist die Vertretung eines Substantivs. Dies ist nicht als eine starre Ersetzung nach syntaktischen Prinzipien zu verstehen, wie es sich an Personalpronomen vollzieht. Es ist ein Hinweis, ein Bezug auf ein bekanntes, genanntes oder gedachtes Identisches.

Die Frage nach dem Possessiv ist die der Frage nach dem Genitivus possessivus, sie lautet Wessen?. Wessen Hund ist das? Es ist Karls Hund./Es ist sein Hund.

Das Possessiv vertritt in dieser Eigenschaft ein Nomen. Das qualifiziert es letztlich als Pronomen.

[1] canoo.net: Liste der gebräuchlichsten Artikelwörter

Gunhild Simon
Nov 20 2010

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