Problem, Aufgabe und Herausforderung
Herausforderung – Modewort, Codewort, Sprechblase, Worthülse, Euphemisms?
Der Begriff Herausforderung ist so inflationär, daß er bereits mit Verben verbunden wird, die etwas anderes ausdrücken. Aufgaben und Probleme sind zu lösen, während man sich einer Herausforderung stellt.
Aber auch das Lösen von Herausforderungen ist inzwischen üblicher Sprachgebrauch.
Herausforderung ist ein Code für Kompetenz und Einsatz, unverzichtbar als Hinweis oder Forderung in einer Bewerbung.
Herausforderungen muss man annehmen, bewältigen, meistern. Man muss sich ihnen stellen. Zwar gilt das auch für Aufgaben und Probleme. Es unterscheidet sie aber, dass man Herausforderungen sucht, Aufgaben verrichtet, Probleme eher versucht zu vermeiden.
Der Sprachgebrauch der Werbung lautet: Wir müssen dies als Chance begreifen, die in der Herausforderung liegt!
Heutzutage hat das Wort Herausforderung das Wort Problem abgelöst. Denn Herausforderungen sind positiv besetzt. Sie bergen etwas Spielerisches, Kämpferisches, Mutiges, Frisches.
Wer dagegen hat schon gern mit Problemen zu tun? Probleme zu haben schafft kein gutes Image. Sie sind ein Makel – Beschwernis, Belastung und Überforderung, Burn-out, Therapiebedürftigkeit gar schwingen darin.
Hast Du ein Problem? Das ist die euphemistische Frage, die bis vor kurzem noch lautete: Willst du Ärger? Diese Frage war bereits eine verschleierte Drohhung: Sieh Dich vor!
Auch die Antwort auf einen Dank, die noch bis vor kurzem Bitte war, lautet heutzutage Kein Problem. Oder ganz modisch Null Prob.
In Zeugnistexten ist das Wort nur noch in Problemlösungsverhalten verankert. Dazu ist unbedingt Stellung zu nehmen, um Aussagen über die Leistungsfähigkeit des Kandidaten und seinen Umgang mit Frustration zu beschreiben. In diesem Zusammenhang stehen Problemlösungsverhalten und die Annahme von Herausforderungen nahe beieinander.
Daraus hat sich entwickelt, dass auch Herausforderungen zu lösen sind.
Gunhild Simon
Aug 05 2012
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