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Quacksalber, Salbader und die ewige Seligkeit

Quacksalber und Salbader versprechen Heil und Seligkeit.

Quacksalber versprechen das gesundheitliche Heil, Salbader tun das wortreich der Seele kund.

Alle Seligkeiten, ob Glückseligkeit, Armseligkeit, Trübseligkeit oder Habseligkeiten, haben nicht mit Seele, sondern mit dem mittelhochdeutschen Sal, -sal, zu tun, einem Suffix, dessen eigenständiger Ahn die “sælde”, Zufriedenheit, Wohl, Gabe, verschüttet und verlorengegangen ist. Nur im Schwedischen weist noch säll, glücklich, auf diesen Zusammenhang hin.

Erhalten ist “Sal” als Suffix in Labsal, Trübsal, Rinnsal, Mühsal, Drangsal, Schicksal, Scheusal. [1]

In anderen verbirgt es sich in scheinbaren Verkleinerungen: Füllsel, Häcksel, Überbleibsel und Geschreibsel. [2]

Verwandt damit ist germanisch smyrse“, “Schmiersel”, Salbe.

Salbe, eine Arznei in Form einer äußerlich aufzutragenden fetthaltigen “Schmiere” zur Versorgung oberflächlicher Wunden, war bewährtes Rüstzeug mittelalterlicher Bader, deren Name darauf verweist, dass sie Heilung durch Baden versprachen. Der Bader war zunächst der Betreiber einer Badestube. Badestuben förderten die Reinlichkeit und beugten dadurch Krankheiten vor. Auch als Barbier, Heilgehilfe und Schröpfer war der Bader tätig. Er verstand es, Schröpfköpfe zu setzen, um einen geringfügigen Aderlass vorzunehmen, von dem man sich eine Erneuerung des “kranken” Blutes versprach.

Bader mit zweifelhaften Heilsversprechen waren Quacksalber und Salbader.

Quacksalber waren die “quakenden”, quasselnden, oft in unreinlichem Zustand herumziehenden Aufschwätzer – schwatzhafte Salbenverkäufer, deren unangenehmer Habit eine Verknüpfung zwischen “Salbe” und französisch sale, schmutzig, nahelegt. [3]

Salbader teilen vermutlich mit dem Quacksalber den Wortanteil “Salbe” oder “sal-”. In Salbader vereinigt sich die Vorstellung des heilsbringenden, salbenden, gleichwohl wortreichen Baders. Unter Salbader versteht man daher noch immer einen langweiligen, albernen Schwätzer. Dem entspricht der weihevoll-frömmelnde Ton des salbadernden Redners.

Eine andere etymologische Erklärung geht von der Ähnlichkeit zum christlichen Symbol des Heilands aus. Danach könnte es eine Entstellung von Salvator, Retter, sein.

Daneben steht die Interpretation des “Seelbaders”. Diese bezieht sich auf einen auf den ersten Blick ähnlichen, aber in seinen Auswirkungen handfesten, materiellen juristischen Effekt.

Unter “Seelbad” verstand man eine Abfindung durch eine testamentarische Stiftung. Auch Mittellose konnten so etwas für das Jenseits Nützliches bereits im Diesseits ohne Bezahlung erwerben. Diese Abfindung aus dem Erbe wurde Seelbad genannt, weil es Heil versprach, schließlich, weil die Bezahlung der Behandlung erst mit der Entseeltheit des Kunden fällig wurde. Man braucht nicht viel Phantasie, um zu erwägen, wie Behandlungen eine baldige Bezahlung ermöglichten.

“Seelbader, auch Seelscheerer [4] genannt, waren wohl die am wenigsten angesehenen unter ihren als schwatzhaft verschrieenen Zunftgenossen, den Badern. Ihr Umgang mit Spittelleuten [5] mag ihnen einen frömmelnden Ton gegeben haben; zufällige Ähnlichkeit des Wortes mit Salbung hat vielleicht zu der Bedeutungsentwicklung beigetragen.” [6]

Alle drei, die Seligkeit und die beiden zwielichtigen Gestalten, der Quacksalber und der Salbader, haben scheinbar das Heil und Wohl des bedürftigen und zunehmend hinfälligen Menschen im Blick. Das wirkliche Motiv ist aber die Erzielung eigener Erträge. Ist es die Seligkeit, die die Religion als Lohn für ein gottgefälliges Leben verspricht, so kommt die Hoffnung auf Heil, Gesundheit und Wohlergehen aus dem verlogenen Munde findiger Betrüger, der redegewandten Quacksalber und salbungsvollen Salbader.

[1] blog.institut1 – Irrsal und Wirrsal – das Ableitungssuffix -sal

[2] blog.institut1 – Habseligkeiten, Armseligkeit, Trübsal und Drangsal – Zustände in Notzeiten

[3] “Ein Qucaksalber; wohl eigentlich ein unreinlicher Bader, der seine
Kranken mit Salben curiret…. Die erste Sylbe kann aus Salbe zusammen
gezogen seyn, sie kann aber auch von dem Ober- und Niederdeutschen
sal, schmutzig, unreinlich, abstammen.” (Adelung)
Adelung – Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart – Der Salbader

[4] In Seelscheerer erkennt man “scheren”. Das Scheren, das Schneiden des Bartes, übernahm der Barbier. Der Barbier hatte, wie man aus alten Western weiß, auch zahnärztliche und, wie oben erklärt, ärztliche Aufgaben, die sich mit der Tätigkeit des Baders deckten. Auch der Arzt, der auf dem Schlachtfeld arbeitete, hatte früher das Merkmal des Barbiers. Sein Titel war Feldscherer.

[5] Das Spital, “Spittel”, war das Armenhaus. Spittelleute sind Armenhausinsassen, Bettler, die sich oft in der Nähe von Kirchen fanden, um dort von Mildtätigkeit zu profitieren.

[6] gekürzt zitiert nach Grimm:
Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm – Salbader

Gunhild Simon
Aug 17 2012

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