Rumpelstilzchen, ein polternder Gnom mit Hinkefuß
Manche Wörter werden - auch im Deutschen - unerklärlich anders ausgesprochen, als geschrieben.
Ein Beispiel ist vierzig und vierzehn. Diese Zahlen werden zwar im Westfälischen lautgetreu mit einem langen /i/ dem /ie/ gemäß ausgesprochen. Das ist aber keine Besonderheit, denn da sagt man auch “Kierche” statt Kirche, “Hehr” statt Herr. Anderswo sagt man meistens “virrzig” und “virrzehn”. Auch “vorrsichtig”, “Errde” und “werrden” sind gebräuchlich.
Umgekehrt verhält es sich mit “Rumpelstilzchen”, einer zwergenhaften Märchengestalt. Rumpelstilzchen ist ein bösartiger Kobold, der sich als Gegenleistung für seine zauberkräftige Hilfe das Kind der Königin ausbedungen hat. Seine Macht sollte erst enden, wenn sie seinen Namen nennen könnte.
Während der verwachsene Zerg nichtsahnend um sein Feuer herumhüpft, verrät er sich in seinem eitlen Wahn dem Späher der Königin:
“Heute back ich, morgen brau ich,
übermorgen hol ich der Königin ihr Kind;
ach wie gut, daß niemand weiß,
dass ich Rumpelstilzchen heiß!” [1]
Als er seinen Namen vernimmt, stampft er sich außer sich vor Wut selbst in den Boden, und der Bann ist gebrochen.
Der Name Rumpelstilzchen enthält das veraltete volkstümliche Wort Stülz, Hinkender. Darin erkennt man Stelze, ein lächerlich gefärbter Ausdruck für Bein. Der Laut ist kurz. Folglich müsste auch das Stilzchen, der hinkende Zwerg, und natürlich das Rumpelstilzchen, der rumpelnde Kobold, eigentlich ein kurzes /i/ hören lassen.
[1] Gutenberg.de: Gebrüder Grimm - Rumpelstilzchen
Gunhild Simon
26.11.2008
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