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S-Laute – Auslautverhärtung zu s oder ss?

Die s-Laut-Schreibung war vor der Reform das bei weitem schwierigste Kapitel der Orthographie.

Während die meisten rechtschreiblichen Probleme in der Grundschulzeit verhandelt wurden, standen die s-Laute noch in der Beobachtungsstufe im Lehrplan. Und man glaube nicht, dass die Bedingungen der Verwandlung des /ß/ in /ss/ so leicht vermittelbar wären.

Zu Beginn steht die Differenzierung in lang- und kurzvokalige Laute, damit zusammenhängend die Wortverlängerung – sei es durch Pluralbildung bei Substantiven, sei es durch Komparative bei Adjektiven, sei durch das Hinzufügen differierender Personalendungen bei finiten Verbformen, etwa dem Imperativ Singular, z. B. “lies! er liest – lesen”, lass!, er lässt – lassen” “beiß!, er beißt, er biss – beißen”. Hinzu kommt das Verständnis von Diphthongen als langvokalig.

Es ist auch nicht damit getan, Wortende als kausal für ein /ss/ als Auslaut zu postulieren, denn das gilt genauso für das Silbenende innerhalb des Wortes und für den s-Laut, dem ein /t/ als Konsonant folgt.

Neben den Substantiven, die mt dem Suffix -nis wie etwa Ereignis, Ereignisse, enden, stehen noch partikuläre Wörter, Artikel und Pronomen wie “das”, “des”, “was”, “etwas”, dann die Präposition “bis”, deren Schreibung den üblichen Regeln, nach kurzem Vokal und scharfer Auslautung des s-Lautes /ss/ folgen zu lassen, widerspricht.

Um die unterschiedliche Schreibung von “bis” und “biss, Biss” zu vermitteln, bedarf es einer differenzierten Sicht auf das Verb “beißen”
mit unregelmäßigen Stammformen und der bereits erworbenen Akzeptanz, dass die Präposition “bis” so und nicht anders geschrieben wird.

Um die unterschiedliche Schreibung von “das” und “dass” zu vermitteln, bedarf es keines einzigen orthographischen Arguments, weil es dies nicht gibt. Es ist die reine Willkür, geschaffen, um die Konjunktion, die inhaltlich dennoch “das”, sichtbar an anderssprachlichen Parallelen, englisch “that”, französisch “que”, italienisch “ce”, lateinisch “”quod”, was alles etwas zwischen “da” und “was” ausdrückt, grammatisch zu kennzeichnen.

Betrachtet man “lässt”, “misst” “nass” usw. ist immer gleichzeitig, auf die Verlängerungen und Grundformen zu verweisen, die am Silbenende den entsprechenden s-Laut und die entsprechende Schreibung generieren, “lassen, messen, nasser”, während andere bei Gleichklang eben wegen dieser fehlenden Herleitung eine andere Schreibung verlangen: Rest, Fest, fest, fast, fasten,
befestigen usw.

Kurz – das sind Vereinbarungen, die sich schwer in Regeln gießen ließen und – lassen.

Gunhild Simon
Apr 09 2010

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