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Schanze und Chance

Was hat es auf sich mit Verkleidung und Glücksspiel, mit Schanze und Chance?

Als Kind ist man belustigt über ähnlich klingende Wörter wie Kirche und Kirsche. Später wird’s kniffiger.

Schanze und Chance unterscheiden sich erst in ihrem Schriftbild deutlich voneinander. Der Hörer muss sie aus dem Zusammenhang unterscheiden.

Schanze ist die Bezeichnung für eine Befestigung. Das Verb sich verschanzen verdeutlicht das.

Andreas Gryphius schreibt in seinem Sonett »Tränen des Vaterlandes« anno 1636: »… Hier durch die Schanz’ und Stadt rinnt allzeit frisches Blut …« Die Schanze ist die Verteidigungsanlage der Stadt bei den blutigen Kämpfen des Dreißgjährigen Krieges. Heute spricht man von Schanze eher im Zusammenhang mit Skispringen, z. B. »die 4-Schanzen-Tournee«. Hier bezeichnet die Schanze das Absprunggerüst.

Dass Schanze ein veralteter Ausdruck für Glück ist, ist heute bereits in Vergessenheit geraten. In der metaphorischen Wendung »Sein Leben in die Schanze schlagen«, sein Leben aufs Spiel setzen, scheint dies noch deutlich durch. Aber darin zeigt sich auch die ehedem figürliche Bedeutung, sein Leben in der Schanze zu risikieren.

Das Wort Schanze, mittelhochdeutsch schanze, ist dem altfranzösischen Wort cheance, gücklicher Würfelfall, entlehnt. So war es bis ins 18. Jahrhundert in der Bedeutung Zufall, Glücksspiel, geläufig. Zum Ausdruck kommt dies noch in dem Verb zuschanzen, einem Wort aus der Welt des Kartenspiels, des Glücksspiels, und in dem bildhaften Wort Mummenschanz, Vermummungsvergnügen, Verkleidungsfest. Denn gerade im Karneval gelten unter der Verkleidung andere Regeln um Zufall und Glück.

Aus cheance wurde das moderne französische Wort chance. Chance, Glück, günstige Gelegenheit, Aussicht auf Erfolg, in dieser Gestalt kehrte es als Fremdwort in den Sprachgebrauch zurück.

Schanze und Chance, in ihrem heutigen Sprachzusammenhang weit voneinander entfernt, entstammen beide demselben Wort. Dieses hat bis zu seiner heutigen Doppelform allerlei Veränderungen erfahren, neue Bedeutungen wurden ihm zugeschrieben, alte haben sich in einzelnen Wörtern erhalten. Wer das elegante Wort Chance in seinem Wortschatz führt, wer es weniger elegant ausgesprochen vernimmt, der kann dies jetzt einordnen.

Gunhild Simon
22.10.2009

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