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Schicksal und Geschick

“Er ist ein Gesandter, aber kein Geschickter”. Das Wortspiel zielt darauf ab, zwischen dem Adjektiv geschickt und dem Partizip II von schicken, geschickt, bestünde nur eine formale, ja zufällige, Gleichheit.

Im heutigen Sprachgebrauch ist schicken gleichbedeutend mit senden. In der Wendung “nach jemandem [dem Arzt, der Wache] schicken” kommt diese Bedeutungseinheit ebenfalls noch zum Ausdruck: ein Bote wird zu jemandem ausgeschickt, ausgesandt.

Das Verb schicken hat vielfältige, im Laufe der Zeit sich wandelnde Bedeutungen erfahren.

Etymologisch scheint darin ein untergegangenes Verb “schehen” zu stecken, das sich nur noch in geschehen erhalten hat. Geschehen bedeutet sich zutragen, vonstatten gehen. Im Zusammenhang mit einem Dativobjekt – “es stößt jemandem etwas zu”- bedeutet es widerfahren. Es ist nur als unpersönliches Verb in Gebrauch – etwas geschieht, geschah, ist geschehen . Das Verb “geschehen” ist auch die Grundlage von Geschichte. Geschichte ist die Begebenheit, “das Geschehene, das Geschehen, das Geschehnis”.

Das Verb schicken wurde in älterer Sprache vorwiegend im Sinne von ordnen, rüsten, bereiten, einrichten, fügen, ins Werk setzen, schaffen, gestalten, richten gebraucht. [1] Bereits in diesen Bedeutungen, die auf ordnen und richten das Gewicht legen, wird die Verknüpfung zu dem Adjektiv geschickt, das “gestaltet, gebildet, beschaffen” hieß, deutlich. Man ist geschickt, wenn man etwas gut zusammenfügen kann.

Auch in der Wendung “sich in etwas schicken” findet sich die Bedeutung des Passens, Gestaltens und Fügens: sich in etwas fügen.

Sich schicken hatte früher auch noch die andere Bedeutung, die in geschickt zum Ausdruck kommt. Es hieß ebenso sich finden in etwas, etwas verstehen, begreifen. Darin ist der Begriff des Passens, des Geeignetseins, des Zusammenstimmens, Zusammengehörens enthalten. Auch das Adjektiv schicklich hat die Bedeutung passend im Sinne guter Manieren.

Das Substantiv Geschick kann man als Brücke zwischen den Bedeutungswandlungen verstehen. Es bedeutet einerseits, abgeleitet von geschickt, das Gleiche wie sein Synonym Geschicktheit, Geschicklichkeit [2], von der Fingerfertigkeit bis zum Verhandlungsvermögen.

Die zweite, ältere Bedeutung von Geschick ist “Fügung”, ein Synonym für Schicksal [3]. In allen drei Begriffen – Fügung, Schicksal, Geschick – schwingt die Vorstellung einer höheren Macht, die “die Geschicke lenkt”, mit.

[1] vgl. Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm – schicken

[2] Geschicklichkeit hat im Wortinnern das adjektivische Suffix -lich, zu dem das Adjektiv “geschicklich, geschicktlich” als Ursprung untergegangen ist.

[3] Schicksal enthält die nur in wenigen Wörtern noch enthaltene Nachsilbe -sal., die etwa “Gabe” bedeutet.
vgl. blog.institut1 – Irrsal und Wirrsal – das Ableitungssuffix -sal

Gunhild Simon
Aug 16 2012

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