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Stadtkaninchen und Wohnungskatzen

Auf den grünen Rasenflächen der Hamburger Verkehrsinseln leben Kaninchen. Sie nehmen den Lärm und die Abgase nicht wahr. Es gibt Gras in Fülle, und Katzen, Hunde, Füchse oder Bussarde gar, trauen sich nicht dahin.

Auch auf den grünen Rasenflächen der Gevierte zwischen Hamburger Wohnblocks leben Kaninchen. Dort sind sie ungestört von Lärm und Abgasen. Es gibt Gras und Büsche in Fülle. Aber es gibt Katzen, Hunde und Krähen, die diese Idylle stören.

Vom Balkon ihrer kleinen Wohnung geht der Blick auf solch ein Kaninchenparadies. So kommt es, dass Emily, das Mädchen mit dem großen Herzen, beobachtet, wie ein Kaninchenkind, das sich hinter eine Terrassenabsperrung verirrt hat, dem Tod in Gestalt einer großen Katze ins Auge sieht.

Zwar ist die Sperre aus Maschendraht nur kniehoch, aber Kaninchen können nicht, was Katzen können. Kaninchen können ja bekanntlich nur hoppeln. Schon hat die Katze das Kaninchenjunge in die Enge getrieben. Sie packt es am Genick und schleppt es weg. Das Kleine scheint verloren.

Da erwacht Emilys Beschützerinstinkt, und sie flitzt los. Springt die Treppen der drei Stockwerke hinunter, rennt um den ganzen Block herum, bis sie den Ort des Überfalls erreicht.

Unter einem Busch entdeckt sie die Katze, reglos, mit hängenden Ohren, vor ihr - das todgweihte Kaninchenkind. Die Katze ist offenbar unschlüssig, was sie mit ihrer nicht tellerfertigen, nicht dosenförmigen Beute anfangen soll.

Eine Katze lehrt ihr Junges den Tötungsbiss. Dazu trägt sie mit hocherhobenem Kopf die Beute - die klassische Maus - mit dem spezifischen Tragegriff behutsam fassender Reißzähne zu ihrem Nachwuchs. Dabei lässt sie einen kehligen Laut erklingen, der das Signal für die Kleinen ist, zum Unterricht zu erscheinen.

Dieser Tragegriff ist für die Kätzin in zweierlei Hinsicht brutpflegerelevant. Neben dem Jagdtraining für die Jungen dient ihr diese Fertigkeit auch, um das Nest im Notfall mit ihren Jungen zu räumen. Dazu trägt sie unter dem allerbehutsamsten Gebrauch ihrer Zähne ihr Junges zu dem neuen Domizil, während das Kleine in eine gerundete Tragstarre verfällt - ein willenlos baumelndes Bündel. Dieses Katzenverhalten beschreibt die Redewendung: “Sie trägt es mit sich herum wie die Katz’ ihr Junges.”

Das alles ist der Lauf der Natur.

Große Katzen lauern kleinen Kaninchen auf. Kätzchen lernen an kleinen Mäusen, wie der Tötungsbiss geht. Und ausgewachsene Katzen haben einen Jagdinstinkt, der über die Sattheit triumphiert. Kaninchen setzen dem ihre Fruchtbarkeit entgegen. Sie vermehren sich buchstäblich “wie die Karnickel”.

Das Kaninchenbaby wurde für heute gerettet. Dank Emilys geübtem Sprint und beherztem Eingreifen. Währenddessen musste Milky, ihre eigene Katze, ein schneeweißes Wunder an zähem Überlebenswillen, einst ein schmutziges, mageres Fundstück aus einer Belgrader Mülltonne, das hexenhaft aus je einem blauen und einem grünen Auge blickt, im Bad eingesperrt ausharren, bis das Kleine seine Löffelchen aufzurichten wagte und schließlich der familiären Geselligkeit seines Clans wieder zugeführt worden war.

Gunhild Simon
3.06.2009

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