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Stark oder schwach? Regelmäßig oder unregelmäßig?

Was heißt starke und schwache Beugung?

Von starken oder schwachen Verben zu sprechen ist zwar üblich, jedoch im Grunde bereits eine Verkürzung. Denn damit soll ausgesagt werden, dass die Beugung auffällig oder unauffällig, also “stark” oder “schwach” ist. Diese Besonderheit tritt nicht nur bei der Beugung von Verben, der Konjugation, auf, sondern auch bei der Beugung von Substantiven, der Deklination.

Im Gegensatz zu den unregelmäßigen Verben nennt man unregelmäßig gebeugte Substantive schwach, z. B. der Mensch, der Bär, der Löwe. Sie werden so bezeichnet, weil bei ihrer Beugung nur eine einzige Endsilbe, das Suffix -en, auftritt: der Bär, des Bären, dem Bären, den Bären.

Die übliche Deklination bei Substantiven bezeichnet man als stark. Diese Substantive zeigen drei verschiedene Endsilben. Das betrifft allerdings nur einsilbige Maskulina und Neutra, deren Genitiv-es und Dativ-e im heutigen Sprachgebrauch weitgehend abgeschliffen sind. Die übrigen haben nur noch das Genitiv-s als Merkmal der Beugung: der Mann, der Wald, der Baum, der Stein - das Haus, das Bild, das Tor. Also lautet die Deklination: der Mann, des Mannes, dem Manne, den Mann und das Tor, des Tores, dem Tore, das Tor.

Unklarheit verbreitet sich jedoch leicht, weil beide Ausdrücke, stark und unregelmäßig, sowie schwach und regelmäßig, als Synonyme verwendet werden. Regelmäßig heißt im Zusammenhang mit Verben jedoch nur, dass die Endsilben -te und -t im Präteritum und im Partizip Perfekt auftreten.

legen - legte - gelegt

lieben - liebte - geliebt

bauen - baute - gebaut

Das Muster, nach dem diese Verben gebeugt werden, ist also “schwach” im Vergleich zu den einschneidenden, “starken” Veränderungen, denen die unregelmäßigen, die starken Verben ausgesetzt sind. Diesem Eingriff in ihre Struktur ist der Begriff des starken Verbs geschuldet.

Bei genauerer Betrachtung schälen sich innerhalb der unregelmäßigen Verben solche Gruppen heraus, die für sich genommen einer Regelmäßigkeit unterliegen. Die Folge der Vokale lässt sich ablesen und vergleichen. Man nennt dies Ablautreihe. Identische Ablautreihen haben z. B. helfen und brechen - e-a-o -, fallen, schlafen und halten - a-i-a -, fließen und kriechen - i-o-o -, singen und klingen - i-a-u-. Insgesamt unterscheidet man 39 Ablautreihen. Eine andere Regelmäßigkeit besteht darin, dass das Suffix -te und -t auch einigen unregelmäßigen Verben eigen ist:

bringen - brachte - gebracht,

denken - dachte - gedacht

Will man die Verben also in zwei Gruppen einteilen, so muss man all jene als unregelmäßig bezeichnen, die nicht nach der Regel der schwach konjugierten Verben ihre Formen bilden.

Manche Verben haben neben den unregelmäßigen Formen regelmäßige entwickelt.

backen - buk/backte - gebacken

fragen - frug/fragte - gefragt

gären - gor/gärte - gegoren

Oftmals sind die alten unregelmäßigen, stark veränderten Formen noch in Adjektiven erhalten, die aus Partizipien hervorgegangen sind: z. B. verwunschen im Gegensatz zu verwünscht. Ihr Klang wird unterschiedlich, jedoch zunehmend veraltend wahrgenommen.

Gunhild Simon
5.05.2008

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