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Unbill und Unbilden

Man könnte diese beiden - Unbill und Unbilden – für Geschwister halten. Beide haben eine negative Aussage, die in dem Präfix un- zum Ausdruck kommt: Bedrohung durch ein unwägbares Ungemach.

Beide haben eine äußerliche Ähnlichkeit. Sollte etwa die Unbill der Singular sein, zu dem ein unregelmäßiger Plural die Unbilden lautet? Vielleicht weil dieser leichter über die Zunge geht?

Das Wörterbuch unterscheidet zwischen den beiden Wörtern als unterschiedlichen Quellen entstammend.

Unbill, f, nur Singular – Unrecht, Schimpf. Es geht auf das mittelhochdeutsche unbil zurück. Dazu gehört das entsprechende Verb: Unbill, Unrecht erleiden, auch in der Wendung “Schimpf und Schande erleiden” wiederkehrend. Das aus Unbill abgeleitete Adjektiv bekräftigt die Bedeutung: unbillig, unrecht, ungemäß. Dazu ist das Positivum billig geläufig. Es ist ursprüngllich ein Synononym für recht, passend, gemäß, angemessen – schließlich preiswürdig. Diese Bedeutung geht auch aus der Wendung “recht und billig” hervor. Die abwertende Konnotation von billig im Sinne von minderwertig hat sich erst später herausgebildet.
Unbilden, nur Plural. Es kommt in den Wendungen “die Unbilden des Wetters, der Natur, der Jahreszeit” vor. Der dazugehörige Singular lautete ausgehend von seinem Gegenstück Gebild, Gebilde, ursprünglich Ungebild, Ungebilde. Eine Übertragung lautet “das Ungebild der Zeit” . Es bleibt ein veraltetes Wort, dem ein nicht gerade häufiges Vorkommen bescheinigt wird. [1]

Die Etymologie gibt dem Wörterbuch nur teilweise recht. Zwar wird eingeräumt, dass Unbill und Ungebild auf zwei unterschiedlichen Wörtern basiere, wie ja in Ungebild deutlich Gebild, schließlich Bild zum Ausdruck komme, dagegen Unbill an billigen, billig im oben genannten Sinne anknüpfe. Dass nun für eine Zusammengehörigkeit plädiert wird, liegt daran, dass billig, mittelhochdeutsch billich, ursprünglich eine Ableitung aus Bild sei und daher auch in dieser Bedeutung zunächst “wunderkräftig, wirksam” geheißen habe. Dafür spricht auch das adjektivische Suffix -lich, das wie das englische -like verdeutlicht, “gleich” im Sinne eines Vergleichs ausdrückt. Diese ursprüngliche Endsilbe wurde erst später zugunsten des nicht-bedeutungstragenden Suffixes -ig aufgegeben. Das bedeutet, dass bildlich als ein sprachlicher Vorläufer von billig anzusehen ist.

Damit schließt sich der Kreis, der eine Verwandtschaft, schließlich eine Zusammengehörigkeit des Singulars Unbill und des Plurals Unbilden erklärlich macht.

[1] Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm: ungebilde

” … desto vollkräftiger arbeitete der deutsche Geist im Stillen ankämpfend gegen das Ungebild der Zeit” (Gentz zitiert nach Grimm)

“… eh wir ein Gebildetes mit Augen erblicken, sehen wir ein Ungebilde, in welchem und aus welchem jenes sich gestaltet” (Goethe, zit. nach Grimm)

“… jenes Ungebild des Truges”(Schiller, Aus den Horen, “Dante’s Hölle”) Hier beschreibt er ein Ungeheuer, einen grauenerregenden Minotaurus.

Gunhild Simon
Mai 13 2010

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