Unpersönliche Verben
Dass uns die Qual des Lebens mal unverschuldet, mal unversehens überkommt, davon weiß sogar die Grammatik. Hungern, dürsten/dursten, frieren, grauen/grausen, schaudern, schwindeln bilden eine unpersönliche Verbgruppe, die einen unangenehmen körperlichen oder mentalen Zustand ausdrückt.
Sie regieren ursprünglich den Akkusativ: mich hungert, mich dürstet, mich durstet, mich friert, mich graut, mich graust, mich schaudert, mich schwindelt. Heute werden sie zunehmend durch persönliche Formen – frieren, ich friere statt mich friert - oder durch ähnliche - Hunger haben, Durst haben, ich habe Hunger, ich habe Durst statt mich hungert, mich dürstet/durstet ersetzt. In den anderen Fällen setzt sich die Dativrektion durch – mir graust, mir graut, mir schaudert, mir schwindelt.
Das Verbpaar dünken und deuchen – mit der Bedeutung scheinen als unpersönliches Verb – wurde zunächst mit Akkusativ gebraucht: mich dünkt, mich deucht, mit Dativ mir dünkt, mir deucht gleichbedeutend mit mir scheint. Auch schwanen, mir schwant als salopper Ausdruck für befürchten, ich befürchte, wird als unpersönliches Verb, das den Dativ regiert, gebraucht.
Sie alle können mit dem Pseudoaktant es – das ist ein vorläufiges Subjekt – gebraucht werden. Der Pseudoaktant tritt nur bei Inversion in Kraft: mich friert -> es friert mich, mir scheint … -> es scheint mir ….
Einem ähnlichen Prozeß unterworfen ist auch träumen, wenn es – poetisch und mit Dativ verwendet wird: mir träumte, es träumte mir. Bei träumen ist der Umbildungsprozeß zum persönlichen Verb - ich träumte - schon abgeschlossen.
Die weitaus üblicheren unter den unpersönlichen Verben sind die Witterungsverben: regnen, nieseln, nebeln, schneien, frieren, blitzen, donnern, und etwas verborgener grauen , es regnet es nieselt, es nebelt, es schneit, es friert, es blitzt, es donnert,der Morgen graut,es graut. Diese Gruppe verlangt zwingend den Pseudoaktanten, das Pronomen es, in der Subjektrolle.
Gunhild Simon
Okt 17 2009
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