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Verbrektion - wie Verben einen Kasus regieren

Es gibt im Deutschen vier Fälle. Diese Fälle charakterisieren die Beugung eines Substantivs. Beugung bedeutet, dass sich das Wort unter dem Zwang, dem Joch, der Regierung - vom Verb verkörpert - beugt.

In der Grammatik heißt Beugung die Veränderung der Endung. Fachsprachlich heißt Beugung Flektion, beugen heißt flektieren. Rektion heißt in der Grammatik das Regieren. Um auszudrücken, dass ein Verb einen bestimmten Fall verlangt, spricht man von Rektion. Ein Verb regiert einen Fall, den Kasus, davon lautet der Plural: Fälle, Kasus mit langem U.

Die weitaus meisten Verben regieren den 4. Fall, den Wen-Fall. Um das Objekt zu erfragen, stellt man also die Frage: Wen oder was? Akkusativ, wie das fachsprachliche Wort für den Wen-Fall heißt, bedeutet der Anklagefall:

Wen klage ich an? Den Dieb.

Einige wenige Verben regieren den 1. Fall, den Wer-Fall. Er heißt Nominativ, weil er auf die Frage Wer? mit dem Namen des Handelnden antwortet. Es handelt sich nämlich um einen doppelten Nominativ, den nur wenige, ganz bestimmte Verben erfordern: heißen, werden, bleiben, sein Wer ist mein Freund? Der Junge.

Der 3. Fall, der Wem-Fall, regiert eine überschaubare Anzahl von Verben. Dativ bedeutet Gebefall.

Wem gebe ich? Dem Armen.

Die Verben die den Dativ regieren*, benötigen, um eine vollständige Aussage zu machen, oft noch zusätzlich ein Akkusativobjekt.

Wem gebe ich Brot? Dem Armen. Was gebe ich? Brot.

Und nun zum Genitiv. Das ist der 2. Fall, der Wes-Fall.Er gibt sich leicht den Anstrich des Gewählten. Ihn glaubt man schützen zu müssen, weil er wegen seiner leichten Gestelztheit den Ruch der Abgehobenheit hat. Das trifft besonders auf die Verben zu, die den Genitiv regieren**.

Wessen bedarf ich? Des Rates.

Die gebräuchlicheren haben statt ihres strengen Genitivobjekts auch noch ein Präpositionalobjekt. Das ist ein Objekt, das durch eine Präposition mit dem Verb verbunden die Sprache weniger getragen und gekünstelt erscheinen lässt.

Ich erinnere/entsinne mich des letzten Weihnachtsfestes.

Ich erinnere/entsinne mich an das letzte Weihnachtsfest.

Ich freue mich meiner Kinder.

Ich freue mich an meinen Kindern.

Viele Genitive kommen meist in festen Verbindungen vor und wirken durch ihre Formelhaftigkeit nicht abgehoben:

Ich erfreue mich bester Gesundheit.

Ich freue mich meines Lebens.

Ich bedarf der Ruhe.

Ich schäme mich dessen nicht.

Ich rühme mich dessen nicht.

Zum anderen werden Genitivkonstruktionen in manchen Kontexten vermieden, indem das Verb anstelle eines Genitivobjekts mit einem Nebensatz verbunden wird:

Ich schäme mich nicht, dass …

Ich rühme mich nicht, dass …

*Verben die den Dativ regieren:

ähneln, begegnen, bleiben, danken, drohen; viele Verben mit Präfix ent-, z. B. entfliehen, entlaufen, entsprechen, entstammen; fehlen, fluchen, folgen, gefallen, gehören, gratulieren, helfen, kündigen; viele Verben mit Präfix nach-, z. B. nachblicken, nacheifern, nachschauen, nachtrauern; schmecken, verzeihen; viele Verben mit Präfix zu-, z. B. zublinzeln, zutrinken, zuwerfen, zuwinken; u.v.a.m.

** Verben die den Genitiv regieren:

sich annehmen, sich erbarmen, sich bedienen, bedürfen, sich enthalten, sich erinnern, sich entsinnen, sich erfreuen, gedenken, sich rühmen, sich schämen, sich versichern

Gunhild Simon
12.05.2008

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