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Winde und Stürme – wenn die Elemente toben

Der Wind ist der Inbegriff von Freiheit und Nicht-Greifbarkeit und, wenn er sich zum Sturm steigert, von blinder, unbezwingbarer Kraft.

Daran knüpfen sich viele Übertragungen:

  • märchenhaft – »Der Wind, der Wind, das himmlische Kind«,
  • metaphorisch-dramatisch – »Vom Winde verweht«, »Fackeln im Sturm«, »Candle in the Wind«,
  • biblisch – »Wer Wind sät, wird Sturm ernten«,
  • lyrisch – »... zum Fenster, da ziehen die Winde hinaus« (Goethe).

Daran knüpft sich auch eine Vielzahl von Redewendungen, die die Leichtigkeit des menschlichen Seins den Naturgewalten gegenüberstellen: »in alle Winde zerstreut«, »in den Wind geschrieben«, »wie ein Rohr oder Blatt im Wind« oder die den Traum von der Ungebundenheit mit dem Wehen des Windes vergleichen: »Der Geist weht, wo er will«.

Meteorologische Erläuterung der Windsysteme

Ihre unterschiedliche Entstehung legt drei Gruppen zur Unterscheidung nahe: Winde, die sich durch das Aufeinanderprallen unterschiedlich temperierter Luftmassen aufbauen und deren Ausgleichsvorgänge sich in horizontaler Richtung abspielen, tropische Wirbelstürme, die aus dem aufgeheizten Ozean ihre Energie beziehen und lokale Wirbelstürme. Beide Arten von Wirbelstürmen entstehen aus vertikalen Luftbewegungen.

An Luftmassengrenzen – z. B. kalte Polarluft, heiße, trockene Wüstenluft, feuchte Meeresluft, Luft aus dem Hochland – entstehen bei deren Vermischung mehr oder weniger heftige Winde, oft mit Tiefdruckgebieten und Frontensystemen verbunden. In diese Gruppe gehören unsere Stürme und Orkane, der Blizzard, die Bora, der Scirocco, der Mistral.

Die tropischen Wirbelstürme – Hurrikan, Taifun, Zyklon – beziehen ihre ungeheure Energie aus der Wärme, die das aus dem Meer verdunstete Wasser bei der Tropfenbildung in den Wolken abgibt. Bedingung für ihr Entstehen ist eine Mindesttemperatur des Ozeanwassers von rund 28°C und ein primärer Luftwirbel, der geringeren Luftdruck erzeugt und dadurch die Verdunstung beschleunigt.

Ein tropischer Wirbelsturm, also ein Hurrikan, Taifun oder Zyklon, ist meteorologisch ein völlig anderes Windsystem als ein Orkan der gemäßigten Breiten. Ein Hurrikan, der sich vor der Küste Westafrikas zusammenbraut, um dann über den Atlantik Kurs auf die Karibik und das amerikanische Festland zu nehmen, hat keine Fronten, hat ein windstilles Auge, schüttet erhebliche Wassermassen aus und verliert über Land sofort seine Stärke, alles Eigenheiten, die ein Orkan nicht zeigt. Außerdem kann ein Hurrikan doppelt so hohe Windgeschwindigkeit erreichen.

In der Meteorologie heißen Tiefdruckgebiete auf der Nordhalbkugel Antizyklone, weil der Wind gegen den Uhrzeigersinn weht. Entsprechend heißen Hochdruckgebiete auf der Nordhalbkugel Zyklone. Auf der Südhalbkugel ist es genau umgekehrt, und deshalb heißen tropische Wirbelstürme im Südpazifik und im südlichen Indischen Ozean zu Recht Zyklone. Dass die Bezeichnung Zyklon auf den nördlichen Indik, den Golf von Bengalen, übertragen wurde, ist aus meteorologischer Sicht daher eigentlich sprachlich fehl am Platz.

Lokale Wirbelstürme – Tornados oder Wasserhosen – entstehen bei heftigen vertikalen Luftbewegungen an Luftmassengrenzen. Vordringende Kaltluft lässt die verdrängte Warmluft nach oben schießen. Das sind die gleichen Bedingungen wie die für Gewitter.

Sprachliche Erläuterung der Fachbegriffe

Wie schlägt sich der unterschiedliche Charakter der Stürme sprachlich nieder?

In dem Wort Tornado erkennt man zweierlei Herkunft, die ihn als gewittriger Wirbelsturm verrät: das spanische tornare, drehen, und tronada, Gewitter, das wiederum auf das lateinische tonare, donnern, zurückweist.

Die Wörter Hurrikan und Orkan haben eine gemeinsame Wurzel. Seeleute haben das Wort Hurrikan aus dem Englischen entlehnt und deutsch ausgesprochen.

Das Wort Hurrikan geht zurück auf huracán, das die spanischen Eroberer entlehnt haben. Ursprünglich ein Wort der Maya, haben die Spanier es von den Kariben übernommen. Es entstammt dem Taino, einer westindischen Sprache. Die Maya auf Yucatan hatten einen Gott mit diesem Namen. Die Kariben – indianische Eroberer der Antillen – übernahmen zunächst das Wort, in der Folge gelangte es zu den Spaniern. Die späteren europäischen Kolonialherren in der Karibik – Engländer, Franzosen und Holländer – eigneten es sich ihrerseits an, aus huracán wurde hurrican.

Die Franzosen glichen es an zu ouraganorage heißt Unwetter – die Holländer formten es um zu orkaan und die Engländer zu hurrican.

Im Deutschen bedeutet Orkan – also das Lehnwort aus dem Holländischen – ein schwerer Sturm, wie er in unseren Breiten aus einem Tiefdruckgebiet mit Frontensystem entstehen kann.

Das Wort Zyklon klingt wegen seiner lautlichen Nähe zu Zyklon B und Zyklop gefährlicher als seine eher neutrale Bedeutung nahelegt. Man erkennt jedoch leicht darin die Herkunft Zyklus, griechisch kýklos, Kreis. Das charakterisiert die Drehrichtung des Sturmes.

Als Sammelbezeichnung für tropische Wirbelstürme bietet sich das aus dem Chinesischen stammende tai fung, Taifun an. Es bedeutet »großer Wind« und hat eine zufällige Ähnlichkeit mit dem griechischen Wort tifon, Wirbelsturm: »Vater aller Winde«.

Gunhild Simon
27. August 2007

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